Donnerstag, 27. Januar 2011

Waffeninitiative: welch argumentatorische Fehlschüsse!

Die Wogen kochen hoch im Schweizerlande. Denn unsere Werte und das Land an sich scheinen in Gefahr, denn die Armeewaffe soll ins Zeughaus. Und so hängen sie denn auch wieder bedrohliche Plakate in bekannter Manier auf, die Leute von der "Schweiz-Verteidigungs-Partei."


Doch wie so mancher Schütze, der einmal im Jahr seine Wehrtauglichkeit beim realitätsnahen Beschiessen einer unbeweglichen Kartonscheibe unter Beweis stellt und dabei Nuller an Nuller reiht, genau so schiessen die Gegner der Initiative mit ihren Argumenten leider zu oft daneben.
Hier nur eine kurze Liste der Fehlschüsse:

1) Das Plakat "Waffenmonopol für Verbrecher" ist eine intellektuelle Glanzleistung. Denn das Plakat suggeriert, dass ich mich nicht mehr wehren kann gegen den bösen Mann, weil er eine Knarre hat, ich aber nicht mehr. Die Sache hat nur einen Haken: ich habe keine Knarre! Denn welcher Schweizer trägt sein Sturmgewehr schon im Ausgang oder zur Arbeit mit, um sich gegen denn omnipräsenten BöFei verteidigen zu können? Also mir fallen in Bus und Tram wenige auf. Aber vielleicht haben die einfach grosse Rucksäcke und ich merke es nicht. Kommt dazu, dass ich die Armeewaffe eh nicht brauchen darf (weil verboten) und auch nicht brauchen kann (weil die Munition eingesammelt wurde). Meine einzige Option wäre es also, dem Verbrecher die Flinte nachzuwerfen, nachdem ich das Bajonett aufgepflanzt habe, oder ihn mit dem Kolben zu verdreschen. Ich vermute aber, dass ich bis dahin schon überfallen bin....

2) Das Plakat ist auch deshalb köstlich, weil man ja mal das mit dem Monopol zu Ende denken könnte. Ein Alternativplakat würde nämlich lauten: "Waffenmonopol für Männer?" Denn faktisch haben wir das jetzt: die Männer haben die Knarre, die Frauen dürfen es ausbaden. Wenn die SVP jetzt also den Selbstschutz erhalten und die Waffe zu Hause lassen will, dann müsste sie folgerichtig auch alle Frauen mit einer persönlichen Waffe ausstatten. Denn sind die nicht von Verbrechern bedroht? Und dann wäre im Beziehungsstreit in Punkto Drohpotential endlich Gleichstand. Welch herrliche amerikanische Verhältnisse.

3) Erheiternd finde ich auch das vielgehörte Argument: "Dann müsste man ja auch alle Messer etc. verbieten." Super durchdacht, sage ich da nur. Doch denken wir mal noch schärfer nach. Was ist der Hauptzweck eines Autos? Transport von A nach B. Und ja, ich kann damit jemanden totfahren. Was ist der Hauptzweck eines Messers? Brot etc. schneiden/streichen. Und ja, ich kann damit jemanden erstechen. Was ist der Zwecke eines Schraubenziehers? Eine Schraube hinein- oder herauszudrehen. (was unweigerlich zur Frage führt, warum das Ding dann Schraubenzieher und nicht Schraubendreher heisst). Und ja, ich kann damit jemanden töten. Was ist aber der Hauptzwecke einer Waffe? Etwas oder jemanden zu töten. Weiterer Verwendungszweck? Auf Papscheiben schiessen, juhee. Wer also Waffen mit Messer im Haushalt vergleicht, vergleicht nicht einmal Äpfel mit Birnen, sondern maximal Äpfel mit Fenchel.

4) Und schliesslich noch ein Evergreen: der Wehrmann muss sich mit seiner Waffe auskennen. Auch da kann man einige Überlegungen anstellen.
  • Jeder, der jemals am "Obligatorischen" war, weiss, dass das ein Witz ist. Zum einen verdienen sich immer mehr Schiessvereine etwas dazu, indem sie gegen Entgelt "begleitetes Schiessen" anbieten. D.h. Rundumservice für den Schützen, der nur noch abdrücken muss. Sogar die Waffenreinigung übernehmen die Jungschützen. Somit wird der Übungszweck "Handhabung der Waffe" von den Schützen selber, die jetzt an vorderster Front um ihre Pfründe kämpfen, ad absurdum geführt.
  • Zum anderen ist das "Obligatorische" auch sonst sinnlos, denn welcher Feind wird sich in 300m Distanz gut sichtbar und unbeweglich hinstellen, damit wir lange zielen und ihn dann in aller Ruhe abknallen können? Eher wenige, allenfalls die Österreicher oder Ostfriesen...
  • Zudem: in den letzten Jahren wurde in den WK im Militär immer weniger geschossen. Ich habe ganze WK absolviert, ohne einen Schuss abzufeuern. Müsste die Waffenhandhabung nicht dort geübt werden? Und wenn ja: geht das nicht auch mit einer Leihwaffe?

5) Zuguterletzt liest und hört man auch immer mal wieder den Verlust von Schweizer Werten, der drohe. Oje, also wenn die Waffe im Schrank das einzige ist, das mich zum Schweizer und stolz macht, dann müssten wir mal über unser Selbstverständnis nachdenken. Und der drohende Niedergang des Schiesssportes? Sorry, aber ein Handballclub verlangt auch nicht vom Bund, dass zehntausende Schweizer zu ihm ins Zwangstraining müssen, weil das gut für den Handgranateneinsatz wäre, und kassiert dafür noch Subventionen.

Kurz: der einzige Grund der Initiativgegner, der einigermassen plausibel ist, ist derjenige, dass das Anvertrauen einer Waffe ein Vertrauensbeweis des Staates an den Bürger ist. Doch ich hätte fast lieber, er würde mir sein Vertrauen dadurch zeigen, dass er mich nicht weiter reglementiert.

Doch auch die Befürworter sind auf dem Holzweg. Sie glauben nämlich, dass die Einführung eines Verwaltungsaktes, u.a. die Registrierung aller Waffen, das Problem der häuslichen Gewalt oder des Suizides wenigstens teilweise löst. Das bleibt zu bezweifeln.