Mittwoch, 13. Oktober 2010

144 Milliarden Dollar Boni an der Wallstreet

An der Wallstreet werden für die erbrachten Leistungen der Spitzenfinanzleute mal lockere 144 Milliarden Boni ausbezahlt. Das ist ungefähr 25% des Schweizerischen Bruttoinlandprodukts.

Schauen wir uns das etwas genauer an. Boni werden mit zwei Hauptargumenten ausbezahlt:
a) Die Leute haben einen schweren Job toll erledigt.
b) Wir brauchen diese Boni, damit uns die Topcracks nicht davonlaufen und zur Konkurrenz gehen.

Abgesehen davon, dass das zweite Argument schon deshalb verstörend ist, weil sich die verantwortlichen Manager offensichtlich ebenfalls über die Klippe stürzen würden, wenn die anderen das machen, sind die Begründungen auch sonst recht aberwitzig.

Denn wie wird im Moment im Investmentbanking viel Geld verdient? Das Rezept sieht so aus:
a) Man leihe bei der Nationalbank für ca. 0% Zinsen Geld aus. Die Nationalbank hält die Zinsen so tief, um die Wirtschaft anzukurbeln, die durch die Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen wurde.
b) Dann verleihe ich dieses Geld, das ich gratis erhalten habe, einem Staat, der gerade dringend eine Obligation ausgeben muss. Der Staat braucht das Geld, weil er sich u.a. deshalb verschuldet hat, weil er die Wirtschaft stützen musste, die die Turbulenzen am Finanzmarkt in Schwierigkeiten gebracht haben. Daneben musste er noch einzelne Finanzinstitute stützen, z.B. in Irland und anderswoh.
c) Von diesem Staat verlange ich dann eine fette Risikoprämie, weil er ja gerade klamm ist und nicht klar ist, ob er das Geld, das ich gratis von der Nationalbank erhalten habe, zurückzahlen kann.
d) Und so mache ich dann eine schöne Gewinnmarge.

Fassen wir also zusammen: ich bekomme gratis vom Staat Geld und verleihe diesem Staat dasselbe Geld wieder für einen höhren Zinssatz zurück. Das ergibt dann meinen Gewinn. Yep, für dieses hochkomplexe, völlig innovative Geschäft braucht es in der Tat absolute Topcracks mit mindestens einem Harvard-Studium und einem IQ von 190. Ein Lehrling reicht dafür nicht aus. Und da die Transaktion so komplex und schwierig ist, haben sich die Topracks auch eine fette Belohnung für ihre komplexe, harte und schwierige Arbeit verdient. Auf jeden Fall mehr als ein Arzt, der jemandem das Leben rettet oder ein Ingenieur, der gerade mal einen 57 Kilometer langen Tunnel durch die Alpen bohrt. Gott segne die Helden der Finanzindustrie!

Boni-Regen und Renten-Proteste

In Frankreich laufen die Gewerkschaften mit Massenstreiks Sturm gegen die geplante Reform der Altersversicherung, die das Rentenalter von 62 auf 65 Jahre erhöhen will.
An der Wallstreet werden für dieses Jahr Boni in der Höhe von 144 Milliarden Dollar ausgezahlt, ganz so als hätte des den Leeman-Crash, staatliche Stützungsnotprogramme und die Wirtschaftskrise nie gegeben. (10vor10 Beitrag)

Was haben die beiden Ereignisse miteinander zu tun? Scheinbar nichts und doch sehr viel!

Es ist völlig klar, dass die Gewerkschaften in Frankreich das Land seit Jahren völlig unregierbar machen und jedes Mal, wenn man eines der Luxusprivilegien, die die Angestellten geniessen, etwas zurückstutzen will, zum Sturm aufs Elysee ansetzen. Auch jetzt verteidigen sie das im europäischen Vergleich lächerlich tiefe Rentenalter 62 mit Zähnen und Klauen. Sie verweigern sich der demographischen Entwickung völlig.
Doch das Problem dabei ist, dass man sie in einem gewissen Grad verstehen kann bzw. dass v.a. die Regierung sehr schwache Argumente hat. Und der Grund liegt in dieser unsäglichen Boni-Gier, die bereits wieder an den Tag gelegt wird. Wenn gewisse Finanzjongleure die halbe Weltwirtschaft an die Wand fahren können, so dass Tausende in der Realwirtschaft ihren Job verlieren, und wenn die gleichen Finanzjongleure kurz darauf wieder überall Milliarden von Boni verteilen, dann muss dies unweigerlich den sozialen Zusammenhalt in einer Gesellschaft lockern. Dies wird über kurz oder lang unsere westlichen Gesellschaften vor ernste Probleme stellen, da wir unfähig sein werden, den Sozialstaat zu reformieren. Aber wie will ich eine Kürzung von Renten oder anderen Leistungen auch bei tieferen Einkommen begründen, wenn gleichzeitig oben munter verteilt wird? Es spielt dabei auch gar keine Rolle, ob die Kürzungen bzw. die Auszahlungen richtig sind, entscheidend ist das Gefühl der Bürger.
Schon Montesquieu hat festgestellt, dass der soziale Unterschied in einer Gesellschaft nicht zu gross sein darf, wenn Demokratie denn funktionieren soll. Und diese weise Erkenntnis scheint sich zu bewahrheiten.

Wenn zwei dasselbe tun...

...ist es bekanntlich nicht das gleich. Man erinnere sich: vor ein paar Jahren machte unser Reise-Micheline als Aussenministerin einen Abstecher in den Iran. Neben der Tatsache, dass sie dort mit dem Spinner Ahmadinedschad einen Gas-Vertrag abschloss - welch Ironie: das ist der, der die Vergasung der Juden leugnet - regte sich die politische rechte Schweiz v.a. darüber auf, dass Frau Calmy-Rey sich den dortigen Sitten anpasste und einen Schleier als Kopftuch umlegte.

Von Anbiederung an den Islam war die Rede, von Multi-Kulti-Träumereien usw. Man meinte sogar, dass MCR doch gleich zum Islam konvertieren solle.

Einige Jahre später, Szenenwechsel. Verteidigungsminister Ueli Maurer von der SVP besucht - unter gleichen Protesten wie der Besuch Calmy-Reys im Iran - seinen Rüstungspartner Israel. Er wird mit allen Ehren empfangen, da sich im Moment nicht so viele ausländische Gäste mit Israel zeigen wollen. Auf dem Programm steht auch ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Und siehe da: Ueli Maurer scheint plötzlich zum Judentum konvertiert zu sein! Wie anderst lässt sich sonst die Kippa auf seinem Kopf erklären? Oder ist das nur eine freundliche Geste gegenüber dem Gastland? Auf jeden Fall ist es interessant zu sehen, dass es dieses Mal zu keinem Aufschrei der Empörung kam und niemand einen Verrat des christlichen Abendlandes witterte. Aber eben: wenn zwei dasselbe tun...





Mittwoch, 6. Oktober 2010

Die Pol-Parteien gehen auf den Sack!

Im Schweizer Parlament macht sich eine neue Fraktion breit, nämlich die S2VP2-Fraktion. Diese ist aus dem Zusammenschluss der Kommunisten-Verhinderer SVP und der SVP-Verhinderer SP entstanden, denn die beiden Parteien machen sich immer häufiger einen "Spass" daraus, aus wahltaktsichen Gründen wichtige Geschäfte gemeinsam zu versenken. Es drängt sich die Frage auf, ob die beiden nicht gleich eine Fraktionsgemeinschaft bilden möchten, da sie offensichtlich gemeinsam abstimmen. Das würde das ganze etwas transparenter machen.
Dass die beiden selbsternannten Gralshüter von Solidarität und Freiheit die Schweiz so in einen gewaltigen Reformstau hineinlaufen lassen, in der Hoffnung, bei den nächsten Wahlen dann diesen für sich ausnutzen zu können, scheint den Parteistrategen - oder "Chefideologen" - völlig egal zu sein. Dieses Verhalten ist einfach nur beschämend und es geht gewaltig auf den Sack!

In der letzten Session liefen beide wieder zur Hochform auf: Revision Mietrecht? Versenkt, im letzten Momen, nach langen Jahren der Arbeit, nur weil beide ihre Maximalforderung nicht durchbrachten. Völlig egal, dass fast 60% der Schweizer Bevölkerung Mieter sind.
Revision der AHV? Versenkt, da man lieber aufs Ganze gehen wollte als jetzt wenigstens einige hundert Millionen einzusparen. Die SVP schaffte hier sogar die Pirouette, in der Vorabstimmung dafür, in der Schlussabstimmung dagegen zu sein! Und da wirft die gleiche SVP den Mitteparteien Schlingerpolitik vor!
Sparpaket im Gesundheitswesen? Versenkt, man investiert lieber weiter in Prämienverbilligungen. Auch hier nach dem Motto: wenn ich nicht alles haben kann, dann soll es gar nichts geben.
Es ist davon auszugehen, dass es den nächsten Armee- und Sozialvorlagen ähnlich ergehen wird. Aber wo kämen wir denn hin, wenn wir als Wähler erwarten würden, dass unsere Parlamentarier wichtige Entscheidungen treffen? Viel wichtiger sind da doch lange Debatten über so wirklich drängende Probleme wie das Kopftuch. Wen kümmert da die AHV?

Leider bleibt wohl die Hoffnung, dass die Wähler im nächsten Herbst endlich genug von dieser Blockade haben und den beiden Parteien das Vertrauen entziehen wohl nur eine Hoffnung!

Freitag, 10. September 2010

Kommt die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat?

In der Schweiz stehen Neuwahlen an in den Bundesrat. Grundsätzlich könnte es spannend werden, schliesslich will die SVP den Sitz der SP bzw. der FDP, die Grünen denjenigen der FDP bzw. der SP, die CVP weiss nicht, ob sie jetzt die SVP, die SP oder die FDP unterstützen soll. Denn sollte jetze ein beliebte(r) FDP Bundesrat bzw. -in gewählt werden, wird es für die CVP sehr schwer werden, in den nächsten Jahren einen zweiten Sitz zu ergattern. Ausser sie möchte sich die Bürde antun, die im Volk beliebte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im nächsten Jahr abzuwählen.

Doch nun ist bekannt geworden, mit welcher Strategie die SVP in den nächsten Jahren für eine rechtsbürgerliche Mehrheit im Bundesrat sorgen will. Und zwar hat der Vorstand auf die nächste Sitzung hin den Parteiausschluss von BR Ueli Maurer traktandiert, weil er jetzt doch keine neuen Kampfjets kauft und und so den lybischen Angriffen erbarmungslos bzw. wehrlos aussetzt. Der Plan ist einfach: wenn Ueli Maurer aus der Partei ausgeschlossen ist, kann die SVP drauf pochen, dass sie trotz ihrer 30%igen Volksmehrheit in der Landesregierung völlig untervertreten sei. Sie wird deshalb den Anspruch stellen, dass entweder der Sitz der SP oder der FDP an sie geht. Wenn dann der SVP Kandidat - eine Kandidatin ist ziemlich unwahrscheinlich - gewählt ist, schliesst man auch diesen aus der Partei aus. Das Spiel macht man so lange, bis man neben Maurer, Widmer-Schlumpf und dem Neuen eine Mehrheit von mindestens 5 Bundesräten hat.

Irgendwie clever die SVPler, nicht?

Freitag, 2. Juli 2010

Was kann man gegen Super-Boni tun?

Linke, Rechte, Grüne, Gelbe und Schwarze, sie alle machen Vorschläge, wie man der „Abzockerei in der Chefetage“ Herr werden könnte. Die einen wollen mehr Aktionärsdemokratie, die anderen Strafsteuern auf Boni. Und beides wird nicht funktionieren. Zum einen weil es vielmehr einen ethischen Wandel bräuchte, und wie es scheint, hat man im Bereich der Grossbanken jeden Sinn für monetäre Realität verloren. Zum anderen haben beide Ideen Mängel.
Die Strafsteuer auf Boni ist zwar nett, doch dass sie nicht wirkt, hat man in England gesehen. Dort sind die Banken einfach dazu übergegangen, die Steuern für die Angestellten zusätzlich zu übernehmen, was am Schluss zu noch höheren Boni führte. Dies ist in der Schweiz umso problematischer, als dass Boni immer noch als Lohnkosten gelten und somit durch die Firma als Aufwand von den Steuern abgezogen werden können. Die CVP hat hier als erste Partei einen Vorschlag gemacht, der sich dieses Problems annimmt.
Und die Aktionärsdemokratie? Ist das denn eine Demokratie? In einer Demokratie gilt „one man, one vote“. Als Aktionär hingegen kann ich mein Stimmrecht delegieren. Und am Schluss sind es wenige Grossaktionäre, die entscheiden. Kommt dazu, dass immer nur ein Bruchteil des Aktionärskapitals an der Generalversammlung anwesend ist, was dazu führt, dass eine Gruppe mit einem relativ kleinen Stimmanteil – z.B. 7% - ein ziemlich hohes Gewicht bekommt. Dies könnten sich Hedge-Fonds zunutze machen, kurz vor der GV ein grösseres Paket erwerben (das zwar im Stimmrechtsregister noch eingetragen werden muss) und dann damit die Strategie des Unternehmens beeinflussen oder eigene Vertreter in den Verwaltungsrat zu wählen.

Meiner Meinung nach liegt der Hase anderswo begraben. Jeder, der ein Haus kaufen will und eine Hypothek aufnimmt, jede Firme, die investieren will, muss über 20-25% Eigenkapital verfügen, um den Kredit – also Fremdkapital – zu erhalten und Schultern können. Schweizer Firmen der sogenannten Realwirtschaft sind in der Regel noch höher kapitalisiert. Das Eigenkapital, also alles nicht fremd geliehenes Kapital, dient dann der Berechnung der „Eigenkaptalrendite“. Je grösser das Eigenkaptal, desto weniger Gewinn macht man im Verhältnis dazu. Ist der Bonus nun an die „Eigenkaptalrendite“ gekoppelt, wird er tiefer ausfallen, da die Firma viel Eigenkapital hat bzw. haben muss. Sie steht so aber besser da, eine kleine Krise führt nicht zum Kollaps. Ist das Eigenkapital zu tief, dann muss die Firma Konkurs anmelden und wird liquidiert.
Bei den Banken hingegen hat man auf einen Trick zurückgegriffen. Denn die Banken brauchen kein „Eigenkaptital“, sondern „Kernkapital“, das anderen Bestimmungen unterliegt. Das Kernkapital ist viel kleiner. Es umfasst neben den Eigenmitteln auch gewisse Kategorien von Verbindichkeiten, also Fremdkapital, das zum Eigenkapital gezählt wird. So konnte es vorkommen, dass die UBS am Vorabend der grossen Krise sage und schreibe 1% Eigenkapital besass, also nichts im Vergleich mit dem geliehenen Geld. Trotzdem erfüllte sie die Kernkapitalquote.
Die Probleme sind nun zweierlei: bei Banken wird der Bonus am Gewinn im Bezug zum „Kernkapital“ gemessen. Da das Kernkapital tief ist, ist der Gewinn im Verhältnis riesig, so dass auch die Boni riesig werden, schliesslich hat die Bank ja „super gearbeitet.“ Das zweite Problem: die Banken verfügen über sehr wenig Eigenkapital, was bei einer Krise rasch zu Liquiditätsengpässen führt.
Es war übrigens der damalige Bundesrat und heutige UBS Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger, der diese Sonderregelung für den Finanzplatz durchgedrückt hat.

Wer also wirklich etwas gegen hohe Boni und für die Stabilität von Banken tun will, der sollte endlich entweder die Kernkapitalanforderungen massiv erhöhen oder die Banken gleich den üblichen Anforderungen ans Eigenkapital unterstellen! Es ist nicht einzusehen, weshalb eine Bank so viel weniger Sicherheiten haben soll als eine Firma oder Privatperson.

Wir finanzieren die Kriminalität und den Terrorismus

Die Diskussion über das pro und contra der Legalisierung von Drogen ist ungefähr so alt wie das Verbot der Drogen selber. Also Äonen. Meist wird von Gegnern und Befürwortern das Argument der Gesundheitsgefährdung ins Feld geführt, allenfalls noch jenes der Beschaffungskriminalität.

Bis anhin hatten stets die Drogengegner die Oberhand. Doch sie irren sich. Denn ein Argument sollte alle anderen Einwände und Aspekte als lächerlich erscheinen lassen. Denn was passiert eigentlich, wenn wir Drogen verbieten? Verringert sich der Konsum? Vielleicht, obschon es offensichtlich nicht so schwer scheint, an Drogen ranzukommen. Ein garantierter Effekt hingegen ist die enorme Preissteigerung für die Drogen. Ist die Kontrolle und Repression hoch, erhöht sich das Risiko für die Produzenten und Dealer. Dieses Risiko lassen sich diese von den Konsumenten bezahlen in Form hoher Preise. Es geht hier nicht um „Konsumentenschutz“, sondern es geht hier um eine Frage der globalen Stabilität.
Denn die hohe Gewinnmarge, die Drogen einbringen, macht den Anbau von Drogen und die Kontrolle des Handels extrem lukrativ. Dies führt dazu, dass Drogenkartelle aller Art ein enormes Vermögen und damit eine enorme Macht anhäufen können, sei es in Form korrupter Beamter, von Waffen etc. Nicht selten führt dies zur Destablisierung ganzer Länder, in denen faktisch die Drogenproduzenten die Macht übernehmen.
Wenn man sieht, wie aktuell Mexiko faktisch ein einem Bürgerkrieg gegen die Drogenbosse, mit hunderten von Toten versinkt, leuchtet dies rasch ein. Selbst ein relativ stabiler Staat wie Mexiko kann von Drogenkartellen unterwandert und destabilisiert werden. Zu erwähnen wären auch Kolumbien, Laos und v.a. Afghanistan, wo sich die Taliban ihren Kampf gegen den Westen und die Unterstützung von bin Laden mit dem Anbau und Verkauf von Drogen finanzieren. Die Folgen sind überall die gleichen: Gewalt, Kriminalität, Armut, Destabilisierung, Flüchtlinge. (die dann am Schluss wieder im Westen landen.)

Es ist doch eine ausgemachte Dummheit, dass dieselben westlichen Staaten Milliarden in den Kampf gegen den Terror, ebenso viel Geld in den Kampf gegen die Kriminalität und massenhaft Geld in die Entwicklungshilfe stecken und gleichzeitig mit ihrer Drogenpolitik aktiv dazu beitragen, die Taliban und die mexikanischen Drogenkartelle zu finanzieren. Da könnte man ja gleich Bundessubventionen für die ausrichten!

Wir stecken also vor dem Dilemma, dass der Westen mit seiner Drogenpolitik die Basis für einen lukrativen Markt schafft, von dem primär Kriminelle und Terroristen profitieren. Aus diesem Grund plädiere ich dafür, die Preise zusammenkrachen zu lassen, indem Drogen legalisiert werden. Vielleicht gibt es dann Drogentote mehr, mag sein. Die globalen Gewinne für unsere Sicherheit und die Stabilität der betroffenen Länder überwiegt aber meiner Meinung nach das Interesse, das Interesse an ein paar Junkies, die sich entschieden habe, zu ruinieren. Die zusätzlichen Therapiekosten holen wir durch Einsparungen in der Sicherheit herein und der Staat kann von mir aus als offizieller „Dealer“ auftreten. Dann hat er erstens den Gewinn und zweitens einen Überblick über die Szene, kann so mit Ausstiegsprogrammen also auch gezielt an die Leute herantreten.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Keine Politik bitte! Fussball ist Fussball!

Der Nachgang zur FIFA WM in Südafrika weitet sich in einigen Ländern zur nationalen Tragödie aus. In Frankeich muss der glücklose Raymond Domenech mit dem ebenfalls glücklosen - inzwischen zurückgetretenen - Verbandspräsidenten vor einer Parlamentskommission antraben und sich für die Besudelung des nationalen Stolzes durch die "equipe tricolore" rechtfertigen. Zuvor war bereits die Sportministerin eiligst vor dem finalen Gruppenspiel nach Südafrika gereist und hatte - laut eigener Aussage - dermassen herzerweichend ans nationale Ehrgefühl der Spieler appelliert, dass diese am Schluss geweint haben sollen. Wer's glaubt, dass es nicht an den Zwiebeln im Salat lag, wird seelig! Inzwischen ist eine nationale Debatte losgebrochen, ob der Niedergang der Mannschaft, verbunden mit der Verlotterung der Sitten ("va te faire enculer, sale fils de pute") die Ursache in den Banlieus und der dort lebenden "Ghetto-Jugend" zu tun habe. Gute zehn Jahre ist es erst her, als die gleiche Mannschaft als Abbild der so erfolgreichen Integrationsarbeit Frankreichs gefeiert wurde und lange galten die Franco-Kicker als "bestes afrikanisches Team". Dies soll jetzt alles nichts mehr gelten?
Auch in Nigeria macht sich Katerstimmung breit. Da Misserfolg ansteckend zu sein scheint, hat der Präsident die zurückgekehrte Mannschaft kurzerhand für zwei Wochen in "Quarantäne" gesteckt, den Verband aufgelöst und Nigeria für die nächsten zwei Jahre von allen Wettbewerben abgemeldet.

All dies wiederum hat nun den FIFA Oberzabli, Josef "der liebe Gott" Blatter auf den Plan gerufen. Er verbittet sich jegliche Einmischung der Politik und droht den Verbänden mit Ausschluss. Seine Rechnung: Fussball ist nicht Politik und gehört streng getrennt.
Nur kommt der FIFA-Sepp mit dieser Haltung in einen akkuten Erklärungsnotstand, weshalb der Schweizer FIFA Referee Massimo Busacca nach nur einem Spiel nach Hause geschickt wurde. Selbstverständlich hat dies nichts mit Politik zu tun, sondern Busacca konnte sich als Weltschiedsrichter, dem die FIFA-Inspizienten nach seinem Spiel Südafrika-Uruguay nur gute Noten verteilten nicht gegen die starke Konkurrenz aus Saudi-Arabien durchsetzen. Nein, die Abservierung des Schweizers hat gar nichts mit der bevorstehenden Wiederwahl des anderen Schweizers zu tun, bei der der eine die Stimmen der Afrikaner braucht und jetzt den anderen dafür opfert, weil er die Südafrikaner "auf dem Gewissen hat." Nein, das ist nicht Politik, sondern... Aber was ist es denn nun?

Eine ist gewiss: wieso passt die FIFA-WM so gut nach Afrika? Ganz einfach: weil die Führungen der meisten afrikanischen Staaten ebenso korrupt und undemokratisch sind wie diejenige der FIFA!

Donnerstag, 27. Mai 2010

Wieso sind Mega-Boni etwas Negatives?

Ob Mega-Boni à la Brady Dougan, Daniel Vasella und Co. moralisch verwerflich sind, ist eine individuelle Betrachtung. Ich denke nicht, dass die Herren - erstaunlicherweise eigentlich keine Damen - deswegen in die Dollar-Hölle kommen.

Dass solche Zahlungen aber ökonomisch verfehlt und volkswirtschaftlich falsch sind, zeigen nicht alleine die offensichtlich falschen Anreize, die gesetzt wurden, und so zur Wirtschafskrise mit beigetragen haben.

Neben dem betriebswirtschaftlichen Schaden sind solche Boni primär volkswirtschaftlich problematisch. Denn die (zu) hohen Löhne in der Finanzbranche führen dazu, dass auch andere Branchen unter massiven Lohndruck geraten. Wieso sollte ein Ingenieur sich für "nur" 120'000 Franken im Jahr bei einer Technologiefirma verdingen, wenn er leicht das x-fache als Analyst oder Investmentbanker verdienen könnte? Folglich müssen die anderen Branchen - wie geschehen - nachziehen. Dieser Lohndruck nach oben für Fachkräfte muss für den Werkplatz Schweiz zwangsläufig problematisch werden, machen doch der Finanzsektor nur rund 10% der Schweizer Wirtschaft aus. Dennoch dminiert er die politische und öffentliche Agenda weitgehend.
Ein weiterer Aspekt dieser Problematik ist, dass die exorbitant steigenden Löhne zu einen enormen Preisdruck für Wohnungen und Lebenshaltung führen. Selbstverständlich sind diese Löhne nicht der einzige Preistreiber im Wohnunssektor, doch spielen sie auch eine Rolle. Von diesem Preisdruck werden nun aber auch Gesellschaftsschichten erfasst, deren Saläre in den letzten Jahren nicht dermassen angestiegen sind.

Das gravierendste Problem eröffnet sich aber mit Blick auf die soziale Divergenz und die schwindende Loyalität. Zum einen gehen die Löhne innerhalb einer (Finanz-)Firma immer mehr auseinander. Zudem sind die Bonus-Systeme oft intransparent und es profitieren nicht alle in der Firme, was mittelfristig zu einer Spaltung der Belegschaft führt, da sich ein Teil davon nicht wertgeschätzt fühlt und dessen Loyalität schwindet. Ein Beleg dafür scheint die Tatsache zu sein, dass es oftmals Personen aus der IT-Abteilung sind, die von den Finanzmenschen, die in ihrer eigenen Welt leben, oftmals belächelt werden, dass es also IT-Angestellte sind, die Daten kopieren und damit Firmengeheimnisse nach aussen tragen bzw. verkaufen. Dieses firmeninterne Phänomen zeigt sich auch in der Gesellschaft. Klar, Spitzenverdiener gab es schon immer und wird es auch immer geben. Während es früher aber Unternehmer waren, die eigenes Geld in die eigene Firma stecken, sind es heute Heerscharen von "Verwaltern und Spezialisten", im Fachjargon CEO, Managing Director oder Head Investor Relationsship genannt, die sich zunehmend vom Mittelstand massiv abheben. Wenn dann noch die Politik kommt und Steuererleichterungen für Besserverdienende fordert, um diese anzulocken - man erinnere sich an die Preisspirale - dann fragt man sich als Angehöriger des Mittelstandes mit einem Einkommen von unter 200'000 Franken im Jahr, ob man nicht ein wenig verschauckelt wird. Denn hier wird ja die gleiche Leistung gleich doppelt belohnt, in Form von Boni und in Form von Steuersenkungen. Des weiteren wird es in schlechteren Zeiten einfach verdammt schwierig gegenüber der Belgeschaft und Gewerkschaften zu argumentieren, dass man kein Geld hat für Lohnerhöhungen oder diese gar senken muss, wenn gleichzeitig oben munter Geld verteilt wird. Obwohl kein Freund von Gewerkschaften, kann ich den Ärger und das Unverständnis, gepaart mit fehlender Kooperationsbereitschaft, durchaus nachvollziehen. Am Schluss ist es die Unternehmung die leidet, weil es nicht gelingt, die Kostenstruktur anzupassen.

Es stellt sich auch grundsätzlich die Frage, was denn ein "Bonus" eigentlich ist. Das Wort "Bonus" kommt vom Lateinischen Adjektiv "gut". Es ist also eine Belohnung für "gute Arbeit." Die Tendenzen in den letzten Jahren haben dieses Wort und der zugrundeliegende Gedanke völlid ad absurdum geführt. Schliesslich wurden solche "Boni" auch dann ausbezahlt, wenn die Arbeit offensichtlich nicht gut war, wie die aktuelle Krise zeigt. Wenn also die Leistung, angesichts der immensen angerichteten Schäden, offenkundig nicht mit der Entlöhnung zusammenhängt oder nur minim, dann muss ein bestehendes System in Frage gestellt werden.
Dabei spielt ein weiterer Faktor eine Rolle: eine Untersuchung im Auftrag des Schweizer Fernsehens (ECO) hat gezeigt, dass die Netto-Einnahmen pro Angestellten - also im weitesten Sinne die Produktivität - bei den kleinen Banken wie den Kantonal- und Raiffaisenbanken, die keine solch ausgeklügelten und genialen Anreizsysteme kennen, etwa doppelt so hoch sind wie bei den Grossbanken. Wenn nun also das Boni-System dazu da sein soll, die Mitarbeiter zu guten Leistungen anzuspornen und den Gewinn der Firma zu erhöhen, dann verfehlt es sein Ziel offensichtlich völlig und gehört abgeschaft.
Und was passiert, wenn diese Firma nun Gewinne schreibt? Eigentlich sollte das Geld jetzt an die Aktionäre verteilt werden, die als Geldgeber das Risiko tragen. Doch nein, die Leitung des Unternehmens tut so, als ob es ihr Geld wäre und verteilt es wenigstens teilweise unter sich. (Wobei natürlich eingeräumt werden muss, dass sich die Aktionäre leider zu wenig dagegen wehren.) Das Problem besteht dabei, dass Aktionäre, oft institutionelle Anleger, das Geld, das sie als Dividende erhalten würden, wieder anlegen und damit in den Wirtschaftskreislauf zurückfliessen lassen würden. Wenn dieser Gewinn nun an wenige Angestellte fliesst, führt dies neben den sozialen Spannungen dazu, dass es primär einmal einer kleinen Handvoll zu gute kommt, die das Geld dann horten. Oder glauben Sie wirklich, Brady Dougan gibt sein ganzes Vermögen aus? Kapitalakkumulation ist zwar etwas schönes für den Einzelnen, aber nicht unbedingt wünschenswert für die Gesamtwirtschaft.

Wer also Boni in der heutigen Form nicht schon aus ethischen Gründen ablehnt, sollte dies wenigstens aus volkswirtschaftlichen Gründen tun.



http://videoportal.sf.tv/video?id=6a123927-71b4-4d1d-815e-f25f22eaaf6e&referrer=http%3A%2F%2Fwww.sf.tv%2Fsendungen%2Feco%2Fsendung.php%3Fdocid%3D20100412

Mittwoch, 19. Mai 2010

Free Jörg Kachelmann

Je länger der Monat Mai dauert, desto offensichtlicher wird es: Jörg Kachelmann ist doch ein Wettergott! (auf jeden Fall der viel mächtigere als Thomas Bucheli!) Denn ist Ihnen schon aufgefallen: seit Jörgi in U-Haft sitzt, ist das Wetter nur noch miserabel. Das kann kein Zufall sein. Aus diesem Grund fordere ich - und das im Namen der gesamten Tourismusindustrie: free Jörgi!

Dass er sich offensichtlich aufgeführt hat wie ein wildgewordener Zuchtbulle bzw. ein Kleinstadt-Zuhälter, kann leider keine Rolle mehr spielen, schliesslich stehen nationale Interessen auf dem Spiel!

Mittwoch, 21. April 2010

Wandergruppe "Waldvogel" - wieso nur?

Kaum werden die Tage wärmer und spriessen überall die ersten Knospen, sind sind sie wieder da. Nein, die Rede ist nicht von den Pollen. Auch nicht von den Schwalben, die angeblich den Sommer machen sollen. Nein, ein viel untrüglicheres Zeichen für den real existierenden Frühling sind die aus allen Ecken hervorkommenden, scheinbar omnipräsenten Senioren-Wandergruppen.



Wer kennt das nicht: früher Morgen, Pendlerverkehr. Der Zug voll, alle dämmern noch schläfrig vor sich hin, sind allenfalls tief und friedlich hinter ihren Zeitungen verborgen. Doch dann, jäh wird die Stille zerrissen durch das überlaute, lustig fröhliche Geplärre einer ganzen Horde der Spezies "Homo sapiens pensionisticus rotsockiensis". Diese Spezies taucht bevorzugt in wandernden Gruppen auf, trägt stockartige Geweihe und geht einem als Berufspendler mit der lauten Guten-Morgen Stimmung so was auf den Kecks, dass einem die Milch im Kaffee sauer wird.



Doch viel schlimmer am Abend: 1700 Uhr, Rush hour. Auch jetzt die Züge überfüllt, alle hundemüde vom Arbeiten. Und was passiert? Kurz vor Abfahrt stürmt die Wandergruppe "Waldvogel" in den Wagen und beginnt fuchtelnd und schweissmiefend die müden Berufstätigen von den Sitzen zu vertreiben. Schliesslich hat "man" ja reserviert! Amokläufe und Schlägereien drohen.

Für den werktätigen, rationalen Menschen ist es nun wirklich nicht einsichtig, wieso Seniorenwandergruppen immer genau zur Rush-Hour heimreisen müssen. Auch sie müssten doch einsehen, dass die Züge eh schon überfüllt sind. Bei Schulklassen habe ich ja noch Verständnis, mit Primarschülern kann man nicht beliebig spät zu Haus sein. Aber Pensionäre? Was bitte schön spielt es für sie schon eine Rolle, wenn sie eine Stunde später oder gar erst um 2200 Uhr zu Hause sind? Sie können ausschlafen! Aber nein, schliesslich hat man reserviert und es ist ein gottgegebenes Menschenrecht, zur Rush-Hour müde Pendler zu tyrannisieren!



Aber es muss ja nicht immer die Wandergruppe "Waldvogel" sein. Nein, die Verschwörung der Rentner gegen die Berufstätigen ist viel umfassender! Wer kennt das nicht: Schlag zwölf, alle strömen aus dem Geschäft und versuchen ihre 60 Minuten Mittagspause optimal zu nutzen. Schnurstracks steuert man das Migros-Restaurant an. Doch wer sitzt schon da: alle Pensionäre! Obwohl sie den ganzen Morgen und den ganzen Nachmittag Zeit hätten, ihre Mittagessen einzunehmen, blockieren sie just zur Essens-Rush-Hour die Hälfte der Plätze. Schliesslich hat man schon immer um 12 Uhr gegessen und schliesslich sind die Zeitungen gratis! Aber halt: essen ist zu viel gesagt. Es ist ja maximal ein Canapé. Mich würde das als Wirt schon auf die Palme bringen: da könnte ich dutzende Mahlzeiten verkaufen, kann es aber nicht, weil die Plätze von Canapé-essenden Rentnern belegt sind!



Und am Feierabend dieselbe Leier: obwohl sie den ganzen Tag Zeit hätten, schaffen es offensichtlich die Rentner nicht vor 1800 Uhr, ihre Einkäufe zu erledigen. Offenkundig dauert es so lange, um im Migros-Restaurant die Zeitung fertig zu lesen. Wenn also alle Arbeitnehmer in den Laden strömen, um noch kurz die Einkäufe zu erledigen, stehen sie schon da: die Rentner.



Deshalb gibt es nur eine realistische Forderung: eine Ausgangssperre für Pensionierte von 11-13 Uhr und von 17-19 Uhr. Und die SBB sollen endlich aufhören, in der Rush-Hour Platzreservationen auszustellen!

Sonntag, 7. März 2010

Der „deutsche Filz an Schweizer Unis“ – das Pferd falsch aufgezäumt

Vor einigen Wochen entdeckte die SVP ein neues Wahlkampfthema: der deutsche Filz an Schweizer Universitäten. Die Kosovaren hat’s gefreut, endlich kommt mal jemand anderes dran.
Abgesehen davon, dass es mir als Student eigentlich egal ist, woher ein Professor kommt, so lang er kompetent ist und den Studenten etwas bietet, zeigt die „Diskussion“ des Themas, wie ein echtes Problem von der völlig falschen Seite her angegangen wird.

Des Pudels Kern ist nämlich weniger die Frage, wieso es so viele deutsche Professoren an den Schweizer Universitäten gibt, sondern wieso es so wenige Schweizer gibt, die sich für eine akademische Laufbahn entscheiden oder auch nur einen Doktortitel anstreben. Die Antwort ist simpel: es ist absolut unattraktiv zu promovieren. Dies aus mehreren Gründen:
Zum einen gelten Titel und Ämter in der traditionell egalitären Schweiz weniger als z.B. in Deutschland, den USA oder Österreich, wo man sogar als normaler Studienabgänger bisweilen noch mit „Herr Magister“ angesprochen wird. Damit zusammen hängt auch, dass der Doktorgrad in der Schweiz weniger zentral für das berufliche Vorwärtskommen ist. Es gibt in jedem Fall Positionen im Berufsleben, wo ein Doktortitel unerlässlich ist, doch dies ist die Minderheit. In anderen Ländern sieht das anders aus, was auch erklärt, wieso so viele deutsche Studenten an Schweizer Unis promovieren.
Zum anderen stimmen die institutionellen und finanziellen Rahmenbedingungen nicht. Gerade finanziell muss sich ein Student nach dem Master schon die Frage stellen, ob sich ein Doktorat lohnt. Je nach Studium steigt er nämlich mit einem Jahreslohn von um die CHF 100‘000 ins Berufsleben ein. Demgegenüber steht die Option, entweder vollzeit zu doktorieren und dann gar kein Einkommen zu haben, oder sich als Assistent bei einem Professor zu verdingen. Damit kommt er vielleicht auf einen Jahreslohn von ca. CHF 35 -40‘000. Geht man davon aus, dass ein Doktorat zwei Jahre dauert, so „kosten“ diese Jahre einen Lohnausfall zwischen 120‘000 – 130‘000 Franken. Zudem habe ich dann zwar ein Doktorat, aber immer noch keine Berufserfahrung. Wenn ich dann noch bedenke, dass mir das Doktorat gar nicht so viel einbringt später, muss ich mir schon die Frage stellen, ob ich diese Zeit aufwenden will.
Man mag jetzt einwenden, dass es den Schweizer Doktoranden noch gut gehe, dass man in den USA z.B. praktisch gar nichts verdiene als Assistent und die Schweizer deshalb einfach alles verweichlichte Huschelis seien. Dies mag sein, doch der Vergleich hinkt. Das wäre etwa gleich, wie wenn man einem Schweizer Arbeitslosen vorwerfen würde, wieso er sich keine Stelle in Rumänien suche, wo er Arbeit habe aber einen Lohn von CHF 10.- pro Tag. Zudem bringt das Doktorat in den USA nach dem Abschluss mehr als in der Schweiz (s.h. oben)
Die Wurzeln des Problems liegen aber noch tiefer. Sie sind darin zu suchen, dass es viel zu wenige Assistenzstellen gibt. Auch der Mittelbau an Schweizer Unis ist nicht gerade super dotiert. So hat ein Student, der es sich nicht leisten kann, vollzeit zu doktorieren, nur die Wahl, als Assistent zu arbeiten, wovon es aber wenige gibt. Zudem gipfelt das Dasein als Assistent häufig darin, dass man der Laufbursche des betreuenden Professors ist. Anstatt an der eigenen Arbeit schreiben zu können, dient man als Zulieferer für den Dozenten. Da dieser Betreuer und Bewerter in Personalunion ist, kann Aufmucken gefährlich sein. Und wenn man dann doch sein Doktorat fertig hat und sich für die akademische Laufbahn entscheidet, dann wird man oft jahrelang aufs Abstellgleis gestellt und darf warten, bis man berufen wird. Denn die Zahl der Professuren wie auch die Zahl der Oberassistenten wird aus Kostengründen klein gehalten, obwohl Bologna genau das Gegenteil versprochen hat.

Wer also weniger Deutsche an den Schweizer Universitäten will, sollte zuerst die Attraktivität der wissenschaftlichen Karriere gegenüber der Privatwirtschaft stärken. Der Weg dazu führt über einen Ausbau des akademischen Mittelbaus (Assisteten, Oberassistenten), womit gleichzeitig endlich ein Versprechen der Bologna-Reform eingelöst werden könnte, nämlich die Verbesserung des Betreuungsverhältnisses an unseren Universitäten.

Und übrigens: es arbeiten mehr Schweizer Professoren in Deutschland als umgekehrt.

Bildquelle: badische-zeitung.de

Sonntag, 28. Februar 2010

Endlich: Aufgabe für die Schweizer Armee gefunden!

Ach ja, der liebe Onkel Gadhafi, hat er es doch wieder mal in die Zeitung gadhafft. Die Schweiz befindet sich ja seit letzter Woche nun offiziell im Heiligen Krieg mit der islamischen Welt oder zumindest mit dem erklärten Rechtsstaat Lybien. Einige sind darüber empört, doch - so berichten Insider - zumindest ein Schweizer Politiker soll sich über die Nachricht der "Kriegserklärung" gefreut haben: Bundesrat Ueli Maurer.

Denn was könnte einem Armee-Minister in Zeiten wie diesen besseres passieren als ein kleiner Dschihad? Endlich, endlich hat die Schweizer Armee wieder einen Feind, befindet sich sogar im Kriegszustand! Endlich eine Legitimation. Damit sollte es eigentlich ein leichtes sein, alle künftigen Rüstungskredite in doppelter und dreicher Höhe durchs Parlament zu bringen. Immerhin sind wir ja im Krieg. Ein Schelm, der Ueli Maurer unterstellt, er habe seinen Kollegen Hansruedi Merz dazu überredet, nach Lybien zu fliegen. Dies mit der Hoffnung, dass der Hansruedi die Situation schon noch schlimmer mache.
Nun lassen sich auch wieder lebensnahe Übungsszenarien für die Manöver und WK entwerfen. "Massive lybische Panzerverbände sind über den französischen Jura ins Mittelland vorgestossen. Unterstützt werden sie von lybischen Kampfkamelen und der Beduinen-Luftwaffe. Gruppe Rot erhält den Auftrag, die Kamel-Kavallerie durch gezielte Angriffe auf die Flanke zu zerstören...."

Interessant ist es ja, dass Colonel Gadhafi alle Muslime verdammt, die mit dem Land der Ungläubigen Schweizer Handel treiben oder sonstwie Kontakt pflegen. Es drängt sich dann da die Frage auf, ob er jetzt seine TAMOIL-Tankstellen und die Raffinerie schliesst oder verkauft? Am besten wäre es wohl, wir würden diese gleich verstaatlichen. So wie den Schweizern in Lybien Visavergehen vorgeworfen werden, lassen sich sicher bei TAMOIL einige Ungereimtheiten in der Steuererklärung finden.

Alles Steuerbetrug oder was?

In seinem Leserbrief in der NZZ vom 27. Februar 2010 erklärt der Fürsprecher Hans Beat Gamper den sich leider nicht ganz auf der Höhe befindenden Lesern – er erwähnt dabei explizit Baumeister und Lehrer - nochmals den Unterschied zwischen Steuerhinterziehung (passives Verhalten, einfach „Nicht-Deklaration“) und Steuerbetrug (aktives Fälschen von Dokumenten mit krimineller Energie).

Als Angehöriger dieser geistig offenbar minderbemittelten Schicht (Lehrer) kann ich Herrn Gamper versichern, dass zumindest mir der Unterschied sehr wohl klar ist, auch ohne zusätzliche Erklärung. Aber vielleicht kann Herr Gamper noch folgendes erklären: Wie kann es passieren, dass man – vorausgesetzt man ist nicht schwer demenzkrank – einfach so „vergisst“, einen beträchtlichen Betrag seines Vermögens zu erwähnen. Wie kann es z.B. im Fall von Herrn Zumwinkel von der Deutschen Post geschehen, dass man einfach 20 Mio. „vergisst“? Wenn das Bill Gates mit seinen 40 Mia. passiert, kann ich das ja verstehen, aber bei „Normalreichen“? (OK, ich gebe zu, das passiert mir auch jeden Tag ein-, zweimal.) Zumal das „Vergesen“ ja dadurch gefördert wird, dass man seine Bank anweist, allfällige Kontoauszüge bitte doch nicht nach Deutschland et al. zu schicken.

Ich habe als Bürger da einfach ein wenig Mühe zu begreifen, dass es für dieses „Vergessen“ keine kriminelle Energie braucht.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass man für jedes Sparkonto mit ein paar Tausend Franken drauf, das man wirklich mal übersehen kann, gleich kriminalisiert werden soll. Aber wenn man über Jahre „vergisst“, einen schönen Teil seines Vermögens zu deklarieren, hört das intellektuelle Begreifen bei mir irgendwann auf.

Dienstag, 16. Februar 2010

Geiselhaft

Als Gegenmassnahme zu der erschwerten Einreise in den EU-Schengen-Raum für lybische Staatsangehörige - von der Schweiz als Mitglied des Schengen-Raumes erwirkt - dürfen jetzt EU-Bürger nicht mehr nach Lybien reisen, was gewisse Länder offensichtlich weh tut.

So erdreistete sich der der italienische Aussenminister Franco Frattini zu der Aussage, die Schweiz nehme die anderen Schengen-Länder als Geisel. Dieser Ausspruch grenzt an unerhörten Zynismus, wenn man bedenkt, wo denn die wirklichen Geiseln sitzen und wer da wen zur Geisel nimmt. Auf jeden Fall soll jetzt von Seiten der EU Druck auf die Schweiz aufgebaut werden.

Es ist doch wieder einmal sehr erhellend zu sehen, wie gewissen Ländern ein dahergelaufener lybischer Diktator, der rein zufällig auf Öl und Gas sitzt, offensichtlich näher liegt als ein zuverlässiger, "befreundeter", rechtsstaatlich zuverlässiger Nachbar.

Freitag, 12. Februar 2010

EU-Parlament stoppt SWIFT-Abkommen - USA sauer

Mitte Februar getraut sich das EU-Parlament einmal, einen Entscheid zu fällen, der der Kommission und den Regierungen weh tut: es stoppt das so genannten SWIFT-Abkommen mit den USA. Darin geht es um nicht weniger als dier Erlaubnis für die USA, beliebig die Daten auszuhorchen, die im internationalen Bankdatenverkehr so anfallen. Ohne richterliche Kontrolle, ohne Beschwerdemöglichkeit des Bürgers. Die USA sind nun mächtig sauer und drohen Europa mit "ernsthaften diplomatischen Spannungen", denn die Blockeriung bzw. Nicht-Verlängerung dieses Abkommens sei ein "herber Rückschlag im Kampf gegen den Terror."

Zwei Fragen lassen die USA allerdings unbeantwortet:
a) Wenn die US-Terrorabwehr so wahnsinnig gut funktioniert, sobald sie mal auf Daten zugriffe hat, wieso gelang es dann an Weihnachten einem nigerianischen Terroristen mit Sprengstoff in eine Passagiermaschine zu steigen, und dies obwohl der eigenen Vater ihn bei den US-Behörden gemeldet hatte?
b) Wenn die USA bereits vorher munter auf Bankinformationen zugreifen konnten, wieso sind sie dann nicht selber schon lange möglichen Steuerbetrügern auf die Schliche gekommen? Und wer spricht da überhaupt noch von Bankgeheimnis?

Mittwoch, 10. Februar 2010

"Spontankrawalle" in Zürich - Wieso nicht fusionieren?

Nach den "spontanen" Krawallen in Zürich, wo ach so politisch engagierte junge Leute dem ach so domianten Establishment, verkörpert u.a. durch einen kleinen Frisörsalon und ein kleines Uhrengeschäft, sowie den "grossen Satan" McDonald's, drängt sich die Frage auf, was man dagegegen tun kann.

Rechtsbürgerliche Kreise fordern umgehend die Schaffung eines permanenten Piket-Dienstest und die Aufstockung der Eingreifkräfte. Dass diese Aufstockung in einem Monat etwa so viel kosten würde wie alle Schäden bei den Auschreitungen zusammen, wird nicht erwähnt. Hauptsache, diesen linken Chaoten wird endlich das Maul gestopft.

Linke "Kuschler", die bekanntlich auf dem rechten Augen scharf- und auf dem linken kurzsichtig sind, fordern Deeskalation.

Das sind doch alles völlig unkreative Vorschläge. Ich würde das Problem anders angehen:

1. Mit Verhandlungen sollte erreicht werden, dass das WEF vom Januar auf die Tage vom 01. Mai verlegt werden.

2. Der Schweizerische Fussballverband wird aufgefordert, das Spiel FC Zürich gegen FC Basel künftig ebenfalls am 01. Mai in Zürich anzusetzen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: man muss nur einmal aufräumen, die Wasserwerfer braucht es auch nur einmal und man hat all die Vollidioten auf einmal versammelt, um einige von ihnen zu verhaften. Da die 1.-Mai-Randallierer etwa gleich viel politische Botschaft haben wie ein Fussball-Randallierer fällt dieser Punkt auch nicht ins Gewicht.

Also: die Wirtschft macht es vor - wir brauchen einen Konzentrationsprozess auf die Kernkompetenz!

Bildquelle: tagesanzeiger.ch


Donnerstag, 4. Februar 2010

Deutscher Datenkauf - schlecht, aber nicht das Hauptübel

Es ist kaum zu bezweifeln, dass der Kauf offensichtlich illegal erworbener Daten von Privatpersonen durch einen Rechtsstaat womöglich eine Pandorabüchse öffnet, die sich nicht mehr schliessen lässt. Natürlich kann man eine Regierung irgendwie, die gerade ein 100 Mia. EURO Defizit beschliessen musste, u.a. deshalb, weil sie das Chaos, das der Finanzsektor angerichtet hat, auzubaden hat.
Nichtsdestotrotz fragt sich, wie es denn weitergehen soll. Ist künftig Industrispionage legal? Darf ein Staat seine Gesetze biegen, wenn es die Staatsräson gerade gebietet? Wenn sich der Bürger nicht mehr darauf verlassen kann, dass der Staat seine eigenen Gesetze einhält, dann läuft man Gefahr, sich auf das Niveau von Despoten-Staaten zu begeben.

Den bisher vernünftigsten Kommentar kann man - auch wenn es schwer zu glauben ist - in der deutschen Boulvardzeitung "Bild" nachlesen: http://www.bild.de/BILD/news/standards/kommentar/2010/02/03/kommentar-mathias-doepfner/der-staat-darf-recht-nicht-brechen.html

"Der Staat, der den Rechtsrahmen setzt, darf ihn nicht brechen. Auch nicht für ein richtiges Ziel (und das Ziel ist richtig, Steuerbetrug gehört hart bestraft).
Daten-Diebstahl ist aber auch ein Delikt, das normalerweise empfindlich bestraft wird. Stattdessen gibt es jetzt wieder Millionen zur Belohnung. Da werden viele sagen, bei einer Bank Daten klauen ist lukrativer als bei einer Bank am Schalter arbeiten. Und dass die Absicht der Regierung gut ist, rechtfertigt gar nichts. Gute Absichten gibt es genug. Demnächst Untreue für die Umwelt, Klauen für das Klima? Wo ist die Grenze?
Der Staat ist zu besonderer Vorbildfunktion und Vorsicht verpflichtet im Umgang mit den eigenen Gesetzen. Was die Regierung derzeit macht, wirkt so, als wenn Eltern ihren Kindern Drogen verbieten und selbst jeden Abend einen Joint rauchen.
Ein deutsches Gericht hat – im Fall von Metzler – sogar einen Polizeibeamten schuldig gesprochen, der einen Entführer unter Druck setzte, um das Leben eines Kindes zu retten. Heißt das, der Staat darf Recht brechen, um an Steuergeld zu kommen, aber nicht, um Leben zu schützen?"


Persönlich bin ich ja überzeugt, dass es diese CD gar nicht gibt, sondern dass es ein Bluff-Manöver der deutschen Regierung ist, um möglichst viele Steuerbetrüger zur Selbstanzeige zu bewegen. Falls ja, lachen sich die Deutschen bald halbtot über die Panikreaktion der Schweiz.

Wie dem auch sei: die ganze Diskussion, die derzeit geführt wird, v.a. in der Schweiz, zielt an den wahren Problemen vorbei. Der echte Skandal ist nämlich weniger der "Datenklau" an sich, sondern das Verhalten einiger Schweizer Banken, die das Schweizer Recht, das nunmal eine Unterscheidung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung vorsieht - auch wenn sie nicht wirklich plausibel ist - dazu genutzt haben, ausländische Staatsbürger aktiv dazu zu motivieren, ihren eigenen Staat zu betrügen. Klar, die hohen Steuern in Deutschland sind für das Übel mitverantwortlich. Doch dies rechtfertigt noch lange nicht die unglaubliche Unverfrohrenheit, mit der Fluchtkonstrukte über Panama, Liechtenstein und Schweizer Bankhäuser ausgedacht wurden, mit dem einzigen Zweck, Geld vor den Steuerbehörden zu verstecken. Es ging nicht um Investitionen oder Anlagen, es ging einzig und alleine um die Steuerflucht. Dieses Verhalten ist der wahre Skandal. Welcher Staat würde darob nicht in Zorn geraten? Die Schweiz sicherlich auch!

Zudem läuft es einem einmal mehr kalt den Rücken hinunter, wenn man die Reaktion des Schweizer Bundesrates sieht. Selbstverständlich sind die Ideen von rechtsbürgerlichen Kreisen, jetzt den grossen Handelskriegs auszurufen, schwachsinnig. Aber offensichtlich hat der Bundesrat erneut absolut keinen Plan, wie er auf diese Sitation reagieren soll. Dabei hätte eine weitsichtige Behörde spätestens nach dem Datendiebstahl im Liechtenstein vorausdenken und eine Plan ausarbeiten sollen, wie man in einen ähnlichen Fall selber reagieren würde.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Eine salzige Angelegenheit

Auch das noch: entgegen aller Prophezeihungen, dass wir in der Schweiz bald in Badehosen Weihnachten feiern können, erdreistet sich der Winter doch tatsächlich, sich auch als Winter zu gebärden. Landauf, landab wird nun gejammert, dass das Streusalz auszugehen droht. Ach wie schrecklich! Vielleicht sollte man es einmal mit der Methode versuchen, auf die man jetzt im Berner Oberland ausgewichen ist: auf Zucker. Zuckerlösung hat anscheinend denselben Effekt, wie das Salz: es verhindert das Gefrieren des Zuckers. Das Problem dabei ist einfach, dass die Kinder wohl sofort damit beginnen würden, die Strasse abzuschlecken.

Es ist aber auch kein Wunder, geht den Bauämtern das Streusalz aus. Wenn man sieht, wie hier in Zürich das Salz geradezu tonnenweise auf die Strassen geschüttet wird, so dass am Abend die Schuhe nicht weiss vom Schnee, sondern vom Salz sind, kann man nur den Kopf schütteln. An anderen Orten würde man wohl zuerst den Schneepflug vorschicken, hier zieht man es bisweilen vor, gleich den ganzen Schnee wegzusalzen.

Dies ist sinnbildlich für das Verhältnis der Flachländer zum Schnee. In Wintersportregionen ist Schnee ein Wirtschaftsfaktor, etwas Positives, ein Erlebnis. Ensprechend würde es niemandem in den Sinn kommen, Strassen schwarz zu räumen oder alles mit Salz wegzuätzen. In Zürich hingegen ist der Schnee nur ein einziger Störfaktor, ein Hindernis, das man möglichst rasch vernichten muss. Also wird munter gesalzt.

Da wäre mir der Zucker ehrlich gesagt lieber!

Donnerstag, 28. Januar 2010

Bologna - Oder wie man eine Reform in den Sand setzt!

Vermutlich ärgert sich der Stadtrat von Bologna heute noch grün und blau, dass er sich anno dazumal als Tagungsort für die Bildungsminister Europas zur Verfügung gestellt hat. Schliesslich ist - wenigstens unter akademischer Klientel - kaum eine Stadt - oder zumindest die damit verbundene Reform der Hochschulen - so verhasst wie Bologna. Tourismusförderung sieht anders aus.



Doch weshalb ist diese grösste Reform des europäischen Bildungswesens derart kläglich gescheitert und weshalb regt sich v.a. an kontinentaleuropäischen Universitäten so heftiger Widerstand?



Das Problem liegt nicht so sehr darin, dass die Prüfungsdichte - v.a. in den Geisteswissenschaften - erhöht oder dass eine Präsenzpflicht eingeführt wurde. Auch wenn letztere grundsätzlich lächerlich ist, denn das einzige, was zählt, sind bestandene Prüfungen, basta!

Das Problem ist vielmehr darin zu sehen, dass die Voraussetzungen für die Reform nicht gegeben und die Umsetzungen durch die Universitäten miserabel waren.



Problem Voraussetzungen: Die Bologna-Macher orientierten sich in ihren edlen Bemühungen an angelsächsischen Elite-Unis à la Oxford, Cambridge, Harvard, Yale etc. Sie übersahen dabei aber eine Kleinigkeit: diese Unis sind nicht so gut, weil sie eine hohe Prüfungskadenz und einen straffen Stundenplan haben. Diese Unis sind so gut, weil sie ein extrem intensives und persönliches Betreuungssystem haben. An der Uni Oxford z.B. hat jeder Student seinen persönlichen Tutor, sprich Studienbetreuer. Jede Arbeit, jeder Aufsatz, jede Prüfung wird zusammen mit diesem im 1:1 Gespräch besprochen, die Fehler analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten gesucht. Zudem gibt es in Oxford keine Massenveranstaltungen mit 500 oder mehr Studenten, sondern es wird in Kleingruppen gearbeitet, in denen man intensiv vom Dozenten "rangenommen" wird. In so einem System machen häufige Prüfungen und Präsenzpflicht Sinn, da ich als Student wertvolle Rückmeldungen bekomme.

Der Haken an der Sache: dieses System ist sehr personal- und damit kostenintensiv. Unsere superschlauen Bildungspolitiker haben nun zwar das System zu kopieren versucht, haben aber nicht daran gedacht, dass dies auch massive Investitionen braucht. Geld, das man nicht hat oder das man nicht ausgeben will. Damit stehen wir an hiesigen Universitäten nun vor der wahnwitzigen und paradoxen Situation, dass man für jeden noch so kleinen Kurs einen teilweise mehr als blödsinnigen "Leistungsnachweis" in Form eines schriftlichen Papiers oder einer Prüfung erbringen muss, dass man damit aber v.a. die viel zu wenigen Betreuungspersonen überfordert, die aus dem korrigieren gar nicht mehr herauskommen. Für eine Besprechung der Arbeiten bleibt da schon gar keine Zeit. Als Student bekomme ich als gar keine Rückmeldung zu dem, was ich falsch oder gut gemacht habe; somit kann ich auch gar nicht davon profitieren. Dies führt dazu, dass diese Prüfungen v.a. als "Belästigung" empfunden werden.

Wer die Situation wirklich verbessern will, muss deshalb den so genannten akademischen Mittelbau (Betreuer, Assistenten) massiv ausbauen und fördern. Damit würde es vielleicht auch wieder für Schweizer attraktiver, eine akademische Laufbahn einzuschlagen und man müsste nicht auf deutsche Professoren ausweichen. Eine weitere Möglichkeit wäre die Trennung der Professuren in Forschungs- und Lehrprofessur, so dass sich brillante Forscher, die meistens miserable Lehrer sind, auf die Forschung, und ausgewiesene Lehrer auf die Ausbildung konzentrieren könnten.



Problem der Umsetzung: Neben den unzulänglichen personellen Ressourcen haben die meisten Universitäten v.a. bei der Umsetzung der neuen Struktur völlig versagt. Anstatt einer Aufteilung in 2 Jahre Grundstudium (ohne offiziellen Abschluss) und zwei Jahre Hauptstudium (mit Lizentiats-Abschluss) sieht Bologna einen zweiteiligen Aufbau mit jeweiligen Abschlüssen vor: 3 Jahre Bacchelor-Studium mit Bacchelor-Diplom und 1.5-2 Jahre Masterstudium mit Master-Diplom. Die Misere ist nun zweierlei:

Erstens: die Baccherlor-Abschlüsse mögen für die Wirtschaftswissenschaften gut sein, doch in den meisten anderen Fächern taugen sie nichts. So klagen viele Juristen, dass die Studenten, die nach drei Jahren abschliessen, wenig bis nichts können. Faktisch ist man also in vielen Bereichen mit einem Bacchelor schwer vermittelbar.

Zweitens: die wenigsten Professoren und Abteilungen haben ihre Lehre wirklich den neuen Umständen angepasst. Anstatt sich zu überlegen, dass ein neuer Studienaufbau auch eine völlige Neuordnung der Studieninhalte und der Reihenfolge der Fächer etc. bedingt, machen die meisten weiter wie zuvor. Was vorher in vier Jahren unterrichtet wurde, muss jetzt halt in drei Jahren reingedrängt werden. Oder anders gesagt: Alter Wein in neuen Schläuchen. Dies führt zu einer Überlastung der Bacchelor-Studiengänge und einer Planlosigkeit der Master-Studien.

Wer also die Reform in dieser Beziehung retten will, sollte endlich - mit Jahren Verspätung - seinen Studienaufbau überdenken und seine Lehre den Umständen anpassen. Nicht nur die Studenten sind gefordert, auch die Professoren sind es!