Mittwoch, 13. Oktober 2010

144 Milliarden Dollar Boni an der Wallstreet

An der Wallstreet werden für die erbrachten Leistungen der Spitzenfinanzleute mal lockere 144 Milliarden Boni ausbezahlt. Das ist ungefähr 25% des Schweizerischen Bruttoinlandprodukts.

Schauen wir uns das etwas genauer an. Boni werden mit zwei Hauptargumenten ausbezahlt:
a) Die Leute haben einen schweren Job toll erledigt.
b) Wir brauchen diese Boni, damit uns die Topcracks nicht davonlaufen und zur Konkurrenz gehen.

Abgesehen davon, dass das zweite Argument schon deshalb verstörend ist, weil sich die verantwortlichen Manager offensichtlich ebenfalls über die Klippe stürzen würden, wenn die anderen das machen, sind die Begründungen auch sonst recht aberwitzig.

Denn wie wird im Moment im Investmentbanking viel Geld verdient? Das Rezept sieht so aus:
a) Man leihe bei der Nationalbank für ca. 0% Zinsen Geld aus. Die Nationalbank hält die Zinsen so tief, um die Wirtschaft anzukurbeln, die durch die Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen wurde.
b) Dann verleihe ich dieses Geld, das ich gratis erhalten habe, einem Staat, der gerade dringend eine Obligation ausgeben muss. Der Staat braucht das Geld, weil er sich u.a. deshalb verschuldet hat, weil er die Wirtschaft stützen musste, die die Turbulenzen am Finanzmarkt in Schwierigkeiten gebracht haben. Daneben musste er noch einzelne Finanzinstitute stützen, z.B. in Irland und anderswoh.
c) Von diesem Staat verlange ich dann eine fette Risikoprämie, weil er ja gerade klamm ist und nicht klar ist, ob er das Geld, das ich gratis von der Nationalbank erhalten habe, zurückzahlen kann.
d) Und so mache ich dann eine schöne Gewinnmarge.

Fassen wir also zusammen: ich bekomme gratis vom Staat Geld und verleihe diesem Staat dasselbe Geld wieder für einen höhren Zinssatz zurück. Das ergibt dann meinen Gewinn. Yep, für dieses hochkomplexe, völlig innovative Geschäft braucht es in der Tat absolute Topcracks mit mindestens einem Harvard-Studium und einem IQ von 190. Ein Lehrling reicht dafür nicht aus. Und da die Transaktion so komplex und schwierig ist, haben sich die Topracks auch eine fette Belohnung für ihre komplexe, harte und schwierige Arbeit verdient. Auf jeden Fall mehr als ein Arzt, der jemandem das Leben rettet oder ein Ingenieur, der gerade mal einen 57 Kilometer langen Tunnel durch die Alpen bohrt. Gott segne die Helden der Finanzindustrie!

Boni-Regen und Renten-Proteste

In Frankreich laufen die Gewerkschaften mit Massenstreiks Sturm gegen die geplante Reform der Altersversicherung, die das Rentenalter von 62 auf 65 Jahre erhöhen will.
An der Wallstreet werden für dieses Jahr Boni in der Höhe von 144 Milliarden Dollar ausgezahlt, ganz so als hätte des den Leeman-Crash, staatliche Stützungsnotprogramme und die Wirtschaftskrise nie gegeben. (10vor10 Beitrag)

Was haben die beiden Ereignisse miteinander zu tun? Scheinbar nichts und doch sehr viel!

Es ist völlig klar, dass die Gewerkschaften in Frankreich das Land seit Jahren völlig unregierbar machen und jedes Mal, wenn man eines der Luxusprivilegien, die die Angestellten geniessen, etwas zurückstutzen will, zum Sturm aufs Elysee ansetzen. Auch jetzt verteidigen sie das im europäischen Vergleich lächerlich tiefe Rentenalter 62 mit Zähnen und Klauen. Sie verweigern sich der demographischen Entwickung völlig.
Doch das Problem dabei ist, dass man sie in einem gewissen Grad verstehen kann bzw. dass v.a. die Regierung sehr schwache Argumente hat. Und der Grund liegt in dieser unsäglichen Boni-Gier, die bereits wieder an den Tag gelegt wird. Wenn gewisse Finanzjongleure die halbe Weltwirtschaft an die Wand fahren können, so dass Tausende in der Realwirtschaft ihren Job verlieren, und wenn die gleichen Finanzjongleure kurz darauf wieder überall Milliarden von Boni verteilen, dann muss dies unweigerlich den sozialen Zusammenhalt in einer Gesellschaft lockern. Dies wird über kurz oder lang unsere westlichen Gesellschaften vor ernste Probleme stellen, da wir unfähig sein werden, den Sozialstaat zu reformieren. Aber wie will ich eine Kürzung von Renten oder anderen Leistungen auch bei tieferen Einkommen begründen, wenn gleichzeitig oben munter verteilt wird? Es spielt dabei auch gar keine Rolle, ob die Kürzungen bzw. die Auszahlungen richtig sind, entscheidend ist das Gefühl der Bürger.
Schon Montesquieu hat festgestellt, dass der soziale Unterschied in einer Gesellschaft nicht zu gross sein darf, wenn Demokratie denn funktionieren soll. Und diese weise Erkenntnis scheint sich zu bewahrheiten.

Wenn zwei dasselbe tun...

...ist es bekanntlich nicht das gleich. Man erinnere sich: vor ein paar Jahren machte unser Reise-Micheline als Aussenministerin einen Abstecher in den Iran. Neben der Tatsache, dass sie dort mit dem Spinner Ahmadinedschad einen Gas-Vertrag abschloss - welch Ironie: das ist der, der die Vergasung der Juden leugnet - regte sich die politische rechte Schweiz v.a. darüber auf, dass Frau Calmy-Rey sich den dortigen Sitten anpasste und einen Schleier als Kopftuch umlegte.

Von Anbiederung an den Islam war die Rede, von Multi-Kulti-Träumereien usw. Man meinte sogar, dass MCR doch gleich zum Islam konvertieren solle.

Einige Jahre später, Szenenwechsel. Verteidigungsminister Ueli Maurer von der SVP besucht - unter gleichen Protesten wie der Besuch Calmy-Reys im Iran - seinen Rüstungspartner Israel. Er wird mit allen Ehren empfangen, da sich im Moment nicht so viele ausländische Gäste mit Israel zeigen wollen. Auf dem Programm steht auch ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Und siehe da: Ueli Maurer scheint plötzlich zum Judentum konvertiert zu sein! Wie anderst lässt sich sonst die Kippa auf seinem Kopf erklären? Oder ist das nur eine freundliche Geste gegenüber dem Gastland? Auf jeden Fall ist es interessant zu sehen, dass es dieses Mal zu keinem Aufschrei der Empörung kam und niemand einen Verrat des christlichen Abendlandes witterte. Aber eben: wenn zwei dasselbe tun...





Mittwoch, 6. Oktober 2010

Die Pol-Parteien gehen auf den Sack!

Im Schweizer Parlament macht sich eine neue Fraktion breit, nämlich die S2VP2-Fraktion. Diese ist aus dem Zusammenschluss der Kommunisten-Verhinderer SVP und der SVP-Verhinderer SP entstanden, denn die beiden Parteien machen sich immer häufiger einen "Spass" daraus, aus wahltaktsichen Gründen wichtige Geschäfte gemeinsam zu versenken. Es drängt sich die Frage auf, ob die beiden nicht gleich eine Fraktionsgemeinschaft bilden möchten, da sie offensichtlich gemeinsam abstimmen. Das würde das ganze etwas transparenter machen.
Dass die beiden selbsternannten Gralshüter von Solidarität und Freiheit die Schweiz so in einen gewaltigen Reformstau hineinlaufen lassen, in der Hoffnung, bei den nächsten Wahlen dann diesen für sich ausnutzen zu können, scheint den Parteistrategen - oder "Chefideologen" - völlig egal zu sein. Dieses Verhalten ist einfach nur beschämend und es geht gewaltig auf den Sack!

In der letzten Session liefen beide wieder zur Hochform auf: Revision Mietrecht? Versenkt, im letzten Momen, nach langen Jahren der Arbeit, nur weil beide ihre Maximalforderung nicht durchbrachten. Völlig egal, dass fast 60% der Schweizer Bevölkerung Mieter sind.
Revision der AHV? Versenkt, da man lieber aufs Ganze gehen wollte als jetzt wenigstens einige hundert Millionen einzusparen. Die SVP schaffte hier sogar die Pirouette, in der Vorabstimmung dafür, in der Schlussabstimmung dagegen zu sein! Und da wirft die gleiche SVP den Mitteparteien Schlingerpolitik vor!
Sparpaket im Gesundheitswesen? Versenkt, man investiert lieber weiter in Prämienverbilligungen. Auch hier nach dem Motto: wenn ich nicht alles haben kann, dann soll es gar nichts geben.
Es ist davon auszugehen, dass es den nächsten Armee- und Sozialvorlagen ähnlich ergehen wird. Aber wo kämen wir denn hin, wenn wir als Wähler erwarten würden, dass unsere Parlamentarier wichtige Entscheidungen treffen? Viel wichtiger sind da doch lange Debatten über so wirklich drängende Probleme wie das Kopftuch. Wen kümmert da die AHV?

Leider bleibt wohl die Hoffnung, dass die Wähler im nächsten Herbst endlich genug von dieser Blockade haben und den beiden Parteien das Vertrauen entziehen wohl nur eine Hoffnung!