Montag, 4. November 2013

SVP Familieninitiative - was hat das mit Gerechtigkeit zu tun?

Auch wenn es viele nicht glauben wollen: unsere Steuergesetzgebung folgt einer Logik. Die Logik besteht darin, dass man die Kosten, die beim Erwerb von Einkommen anfallen (Gestehungskosten), wenigstens teilweise von den Steuern abziehen kann. Ziel ist es, so gut es geht das „Reineinkommen“ zu besteuern. Bei Firmen wird ja auch der Gewinn und nicht der Umsatz besteuert. Aus diesem Grund können Fahrspesen, auswärtige Verpflegung etc. von den Steuern abgezogen werden.

Die SVP Familieninitiative will nun diese klare Logik ad absurdum führen, indem sie Abzüge für Kosten gewährt, die gar nicht anfallen, nämlich für die Kinderbetreuung. Dieser Logik folgend müssten auch Heimarbeiter nicht vorhandene Fahrkosten und Mieter ihre nicht vorhandenen Hypothekarschulden von den Steuern abziehen können. Es ist nicht einzusehen, wieso das gehen soll.

Mit dem Vorwurf, das jetzige System sei für Eltern, die ihre Kinder zu Hause selber betreuen, sei ungerecht und bevorzuge die „Fremdbetreuer“, sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Denn aufgrund der herrschenden Steuerprogression wird das Zweiteinkommen, das durch Fremdbetreuung erzielt werden kann, überproportional besteuert. Das heisst, dass die vermeintlichen Profiteure am Schluss gar keine Profiteure mehr sind, weil sie einen schönen Teil des Zusatzeinkommens als Steuern an die Allgemeinheit abführen. Wer also laut „Unrecht“ schreit, müsste konsequenterweise die Steuerprogression abschaffen!

Wenn irgendwo Unrecht geschaffen wird, ist es durch die Initiative: Heimbetreuer können Abzüge für Kosten geltend machen, die sie nicht haben (ein Verzicht ist noch keine Auslage), Fremdbetreuer hingegen sollen zusätzlich noch die Steuerprogression bezahlen? Aber hallo?

Womit wir beim Grundproblem wären: wenn man wirklich die Familien und die Familienarbeit honorieren will, dann wäre es am einfachsten und am konsequentesten, den Pauschalabzug für Kinder zu erhöhen! Dann wären alle gleich behandelt, den ein Kind in der einen Familie kostet nicht weniger als in der anderen Familie! Und zudem würde nicht die Logik der Steuergesetzgebung wissentlich und fahrlässig ausgehebelt!

Freitag, 22. Februar 2013

Staatskinder? Was soll der Schwachsinn!


Der aktuelle Abstimmungskampf über den Familienartikel zeigt leider wieder mal deutlich, wie schwer es vielen Politikern fällt, in grösseren Zusammenhängen zu denken und nicht bloss an Einzelthemen. Denn die Rechnung ist recht einfach: in der Schweiz gibt es überproportional viele Arbeitsstellen. Und wir können jetzt wählen, ob wir lieber unsere Frauen beschäftigen oder – ausländische Zuwanderer. Aber irgendjemand muss die Arbeit erledigen. Es ist nun aber genau diejenige Partei, die Herr und Frau Schweizer mit ihren Bildern von weinenden Kindern hinter Gittern ein schlechtes Gewissen einjagen will, die mit noch mehr Vehemenz gegen Zuwanderung antritt. Meine Damen und Herren von der SVP (und FDP): so geht’s nicht: entweder erhöhen wir die Beschäftigungsquote der Frauen oder wir holen Ausländer – die übrigens ja nicht alleine kommen, sondern mit Familie, d.h. eine ausländische Arbeitskraft bewirkt 2 und mehr neue Einwohner. Was ist ihnen weniger unangenehm? Aber dann müsste man ja eine stringente Politik betreiben.

Das oft gehörte Argument mit den Kosten hält einer genaueren Betrachtung auch nicht Stand: selbstverständlich kann die Umsetzung des Familienartikels Kosten verursachen, wird sie wohl sogar. Aber diese Kosten sind nichts im Vergleich zu den gesamtgesellschaftlichen Kosten, die die aktuelle Politik generiert. Zu nennen wären da eine überlastete Infrastruktur (Züge, Strassen), die mit viel Geld ausgebaut werden müssen, steigende Immobilienpreise in den Wirtschaftsregionen etc. Und es kann ja wirklich nicht im Sinne einer Gesellschaft sein, dass sie (Staat und Firmen) enorme Summen in die Ausbildung von 50% der Bevölkerung steckt, um diese Ausbildung dann brach liegen zu lassen. Wurden diese Kosten schon mal bedacht?

Selbstverständlich ist die Förderung von Betreuungsplätzen nicht die (alleinige) Lösung. Wichter wäre eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier ist die Wirtschaft gefordert. Aber wehe, die Politik würde es wagen, den Firmen hier Vorgaben zu machen: die gleichen Kreise würden erneut lauf aufheulen. Also: was wollen sie lieber: Betreuungsplätze subventionieren oder Vorgaben für Privatfirmen? Von einem Zwang zur Fremdbetreuung, wie es das unsägliche Gefängnis-Plakat suggeriert, steht übrigens im Artikel überhaupt nichts. Und ein solcher Zwang wird sich in der Schweiz auch nie durchsetzen lassen – er ist auch nicht sinnvoll. Was soll also der Unfug mit „Staatskindern“?

Als teilzeitarbeitender Vater einer kleinen Tochter und Ehemann einer teilzeitarbeitenden Frau, die auch schon auf Wartelisteplatz 45 einer Kinderkrippe standen, wehre ich mich dagegen, in die Ecke der Rabeneltern gestellt zu werden. Und eigentlich will ich auch keine Unterstützung vom Staat. Aber wenn es derselbe Staat schafft, uns als Mittelstandsfamilie durch die Steuerprogression, die Heiratsstrafe, Progression bei Krippenbeiträgen, höheren bzw. nicht subventionierten Krankenkassenprämien zu benachteiligen, dann soll er wenigstens hier etwas tun.