Montag, 28. Dezember 2009

Über die Herkunft von Attentätern

Nach dem gescheiterten Attentats-Versuch auf ein Zivilflugzeug in den USA überbieten sich viele Medienerzeugnisse in ihrem Erstaunen über die Herkunft des mutmasslichen Attentäters. Mit viel Aufwand versuchen sie ihren Hörern und Lesern Glauben zu machen, wie ungewöhnlich der Hintergrund als Sohn eines nigerianischen Diplomaten aus den höchsten Kreisen seines Landes sei. Doch dies ist nicht ganz richtig.


Zuerst gilt es zwei Dinge festzuahlten. Erstens, grossangelgte Untersuchungen von "Täterprofilen" haben ergeben, dass es "den Attentäter" nicht gibt. Je nach Weltgegend spielen so viele verschiedene Faktoren hinein, dass sich kein klares Profil ableiten lässt. Zweitens, auch wenn der Hintergrund nicht ganz alltäglich ist, so passen doch viele bisher bekannte Aspekte zu den Attentätern, die ihre Anschläge auf Ziele im Westen verübt haben, so die Anschläge vom 9/11 in New York und 7/7 in London.


  • Ausbildung: Der gescheiterte Attentäter studierte Ingenieurwissenschaften. Dieser naturwissenschaftliche Hintergrund ist äusserst typisch für islamistische Attentäter. So studierte auch Mohammed Atta, der Kopf der 9/11-Gruppe Ingenieurwissenschaften, ebenso Marwan al Shehhi und Ziad Jarrah. Osama bin Laden ist Ingenieur und Aiman az-Zawāhirī, die verutete Nr. 2 der Kaida ist Mediziner. Khalid Sheik Mohammed studierte an der Carolina Agricultural and Technical State University in Greensboro.

  • Studium im Ausland: Auch das Studium im Ausland - hier in London - passt. Oftmals ist es der Wunsch des Vaters, dass der Sohn im Ausland studiert. Dies führt allerdings oftmals zu einem Kulturschock, der - verkürzt gesagt - die Leute, die auf der Suche nach einer emotionalen Heimat in der Fremde sind, empfänglich macht für extremistische Ideen.

  • Herkunft: Der jüngste Flugzeug-Bomber stammt aus der obersten sozialen Schicht seiner Heimat Nigeria. Dies ist für Attentäter auf westliche Ziele - im Unterschied zu Attentätern im arabischen Raum - nicht ungewöhnlich. So stammte auch Mohammed Atta aus dem Bürgertum, sein Vater war Anwalt. Und es ist gemeinhin bekannt, dass Osama bin Laden aus einer superreichen saudischen Familien stammt. Dies trifft - entgegen der Aussagen des DRS-England Korrespondenten - auf auf Mitglieder der 7/7-Zelle in London zu. Sie alle stammten aus wohlgeordneten Mittelklasse Verhältnissen. Mohammed Sidique Khan, der Anführer der Gruppe, arbeitete als Lernberater an einer Grundschule, nachdem er in Soziologie an der Leeds Metropolitan University studiert hatte. Er heiratete Hasina Patel. Es war eine Liebesheirat, keine Zwangsehe. Seine Schwiegermutter, Farida Patel, setzte sich stark für die Integration von Immigranten ein und war die erste asiatische - pakistanische - Frau, die aufgrund ihrer Verdienste für die Allgemeinheit von der Queen in den Buckingham Palast eingeladen worden war.

Der glücklicherweise gescheiterte Attentäter passt also sehr wohl ins Muster von Attentätern auf westliche Ziele. Die höhere Ausbildung etc. sind wohl notwendig, um die Anschläge überhaupt planen und ausführen zu können, da diese doch eines weit grösseren Know-Hows bedürfen als ein Autobomben-Anschlag in Badgad.


Es gehört auch gerade zu den verstörenden Aspekten dieser Form von islamistischem Terror, dass es eben Personen sind, die nicht aus lauter Perspektivlosigkeit handeln, sondern die aus sozialen Schichten stammen, die ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben führen können oder die sogar alles haben. Es ist deshalb wichtig, sich mit dem Hintergrund dieser Leute speziell zu beschäftigen, damit überhaupt klar ist, nach "wem" man suchen, wie man die Ermittlungsarbeiten von Polizei und Geheimdiensten ausrichten soll.

Bildquelle: NZZ.ch

Montag, 21. Dezember 2009

Endlich: Gesetz gegen den Klimawandel!


Obwohl es lange danach aussah, als ob die Klimakonferenz in Kopenhagen scheitern würden, haben sich dich entscheidungsstarken Führer dieser Welt am Schluss doch noch zu einem griffigen Klima-Gesetz durchgerungen. So besagt die Abschlusserklärung klipp und klar, dass sich das Klima um nicht mehr als zwei Grad °C erwärmen darf. Wir verneigen uns in Demut vor diesem nachhaltigen Entscheid!

Was können wir Bürger nicht froh sein, dass diesem Klima nun endlich klar die Schranke gewiesen und Grenzen aufgezeigt werden. "Du darfst Dich nicht mehr als zwei Grad °C erwärmen!", hörst Du! Sonst musst Du mit Massnahmen rechnen. Diese bewegen sich zwischen einer Busse und einem Aufenthalt mit Fussfessel in einem Berner Oberländer Chalet. Als letzte Massnahme droht dann der Landesverweis.
Es wurde aber auch wirklich Zeit, dass sich dieses Klima, das wahlweise illegal von Westen oder Osten - und das trotz Kohäsionsmilliarden! - ohne Visum einschleicht und dann hier in Europa v.a. durch seinen Klimavandalismus (Lawinen, Überschwemmungen) von sich reden macht. Wie gesagt, zum Glück hat die Politik endlich reagiert und diesem Treiben mit der Temperatur-Begrenzung endlich einen Riegel geschoben. So können wir uns wieder den wirklich drängenden Problemen dieses Planeten zuwenden wie der Verbreitung von Gebetstürmen. Da bleibt dann keine Zeit mehr für so Nebenschauplätze wie die Überalterung der Gesellschaft oder Arbeitslosigkeit.

Um jetzt wieder ernst zu werden: die latente Weigerung der Politik die eigene Gesellschaft zu einem Umdenken zu bewegen, zeugt von einer kollossalen Kurzsichtigkeit. Denn Klimapolitik bedeutet nicht nur Klimaschutz, sondern es gibt noch einen Haufen anderer Gründe, die dafür sprechen würden, hier endlich - im schlimmsten Fall einseitig - vorwärts zu machen.


  1. Klimapolitik ist auch Wirtschaftspolitik: Die Umstellung der Wirtschaft bringt nicht nur Kosten mit sich, sondern eröffnet auch neue Geschäftsfelder. Auch wenn noch nicht von einem weltweiten gewaltigen Boom gesprochen werden kann, ist davon auszugehen, dass der Hochtechnologie-Sektor "Umweltprodukte" in den nächsten Jahren stark anziehen wird. Es wäre deshalb angezeigt, seine Wirtschaft schon jetzt zu positionieren.

  2. Klimapolitik ist auch Asylpolitik: Die Erwärmung der Durchschnittstemperatur wird die Wetterextreme (Trockenheit, sintflutartige Regenfälle) häufiger auftreten lassen. Die Folge: immer mehr Menschen verlieren die Existenz. Es ist deshalb leicht anzunehmen, dass der Migrationsdruck (aus Afrika) auf Europa noch stärker zunehmen wird. Wie wollen wir diesem standhalten? Es ist in unserem Interesse dafür zu sorgen, dass die Leute dort bleiben, wo sie sind.

  3. Klimapolitik ist auch Geopolitik: Man braucht kein Genie zu sein um zu sehen, wer auf den dicken Energieressourcen sitzt. (Lybien, Saudis, Russland, Turkmenistan etc.) Es sind nicht unbedingt zuverlässige Demokratien. Allein schon aus diesen Gründen sollte ein Land sich bemühen, möglichst schnell unabhängig zu werden von diesen Ländern. Sonst wird es bei einer Verknappung der Ressourcen ziemlich rasch ungemütlich.

Ein Trost bleibt uns Schweizern: wenn die weltweiten Trinkwasserresourcen knapper werden, entwickeln wir uns bald zum Saudi-Arabien des Trinkwassers. Prost!

Bildquelle: friedenspolitik.de

Freitag, 18. Dezember 2009

Von Politikern und falschen Ansätzen

Es gehört zu den aktuell grössten Ärgernissen der Schweizer Politik, dass unsere Politiker offensichtlich nicht in der Lage sind, an die Probleme dieses Landes die richtige Fragen zu stellen. Man mag jetzt denken, dass dies ja nicht so wichtig ist, schliesslich sollen sie nicht Fragen stellen, sondern Probleme lösen.

Dies jedoch ist eine sehr kurzsichtige Denkweise. Denn nur wer es schafft, an ein Problem die richtigen Fragen zu stellen, kommt auch auf eine angemessene Lösung. Stellt ein Arzt zum Beispiel dem Patienten die falschen Fragen, bekommt er zwar vom Patienten Antworten auf seine Fragen, die durchaus zutreffen. Es sind aber nicht die Antworten, die er benötigt, um die Krankheit richtig zu erkennen und zu diagnostizieren. Gleich verhält es sich auch in der übrigen Wissenschaft: nur wer die richtigen Fragen an ein Problem stellen kann, hat auch erkannt, wo das Problem liegt. Ansonsten werden falsche Schlussfolgerungen gezogen.

Was dies mit der Bundespolitik zu tun hat, soll ein Beispiel verdeutlichen: Zürich am Wochenende. 3 jungen Männer verprügeln einen einzelnen, der anschliessend ins Spital muss. In der aktuellen politischen Situation führt dies nun zu folgendem Mechanismus:
  1. Woher kommen die Täter? Aha, Ausländer!
  2. SVP: Böse, böse Ausländer. Alle raus, Ausländergesetz verschärfen, Asylgesetz verschärfen.
  3. SP: Nein, nicht alle in den gleichen Topf werfen. Differenzieren, Integrieren, usw.-ieren

Das Problem hierbei: diese Denkweise zielt völlig am Problem vorbei, weil sie auf den falschen Aspekt, nämlich die Herkunft der Täter fokussiert. Entsprechend werden falsche Massnahmen ergriffen. Wir haben zum Beispiel in den letzten Jahren x-mal das Ausländer- und Asylrecht verschärft. Doch dies trifft den Punkt nicht, der sich eigentlich wie folgt darstellt. Wir haben in unserer Gesellschaft offensichtlich eine gewisse Anzahl asozialer A...., die rasen, prügeln, Sozialwerke missbrauchen. Grundsätzlich spielt es aber keine Rolle, woher diese Subjekte kommen, vielmehr muss man fragen, was kann man gegen diesen Zustand unternehmen. Anstatt das Ausländerrecht zu verschärfen würde man besser die Strafen für Gewaltdelikte und Raserei erhöhen und fehlbare Personen mit der vollen Härte des Strafgesetzes bestrafen. Wenn ich von einem Raser angefahren werde, ist es mir persönlich völlig egal, woher der Fahrer kommt. Was ich mir vielmehr wünschen würde, wäre, dass der Schuldige für seine Tat hart bestraft und zum Beispiel mit lebenslänglichem Führerausweisentzug belegt wird.

Dabei spielt die Herkunft grundsätzlich keine Rolle. Sie kann allenfalls beim Strafmass insofern berücksichtigt werden, als dass ein Landesverweis ausgesprochen wird. Diese Herangehensweise würde nämlich auch denjenigen (Ausländern) helfen, die auch nicht mit allen in den gleichen Topf geworfen werden wollen.

Ob diese Ansätze das Problem aus der Welt schaffen, sei dahingestellt. Es ist aber in jedem Fall sinnvoller und effektiver, als die ganze Energie und Zeit auf Nebenkriegsschauplätze wie die Herkunft der Täter zu verwenden. Das Volk hätte vermutlich bei Abstimmungen über schärfere Kontrollen und härtere Strafen schon längst "Ja" gestimmt. Stattdessen belästigt man uns mit "Ersatzabstimmungen" zu "Ersatzthemen" wie Minaretten, die dann dazu genutzt werden, politisch Dampf abzulassen.

Und auch hier werden wieder die falschen Fragen gestellt. Die Frage lautet nicht, wie wir Islamisten baulich aus unserem Ortsbild heraushalten können, sondern die Frage muss lauten: wie können wir verhindern, dass sich Islamisten in den Köpfen der Schweizer Muslime einnisten. Die Antwort liegt auf der Hand, wird sie doch vom Staat schon seit Jahrzehnten praktiziert: Ausbildung.

Jede Demokratie ist darauf angewiesen, dass ihre Bürger während ihrer Ausbildung die grundlegenden Werte des Zusammenlebens vermittelt bekommen. Genau wie totalitäre Regime muss auch eine demokratische Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad Einfluss nehmen auf die Werte, die die Kinder vermittelt bekommen. Und dies geschieht in der Schule. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb es noch keine offizielle und verbindliche Ausbildung für islamische Religionslehrer gibt. In der Schweiz sind zwar im weitesten Sinne die Kirchen selber für die Religionslehrer zuständig. Jeder christliche Religionslehrer muss aber einen staatlichen Abschluss vorweisen. Wieso sollte dies ausgrechnet für islamische Religionslehrer nicht gelten? Eine staatlich organisierte Ausbildung und Zertifizierung ist kein 100%ige Garantie, dass der Lehrer den Kindern nichts "Staatsfeindliches" beibringt, aber doch ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung.

Aber eben: Scheingefechte sind halt einfacher und medienwirksamer als Lösungen.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Iran-Sanktionen - ein amerikanischer Irrtum

Mitte Dezember 2009 macht also der amerikanische Senat den Weg frei für verschärfte Sanktionen gegen das iranische Regime - wobei die Sanktionen wohl primär die Bevölkerung treffen werden und nicht die Machthaber in Teheran. Geplant ist unter anderem die Einfuhr von Treibstoff in den Iran zu unterbinden. Es gehört zu den Ironien der Weltwirtschaft, dass Iran zwar einer der grössten Erdölproduzenten der Welt ist, aber dennoch 40% seines Treibstoffes importieren muss als Folge mangelnder Raffinierie-Kapazitäten.

Dennoch, auch wenn der iranische Präsident Mahmud Achmadinedschad unbestreitbar ein Despot und gefährlicher Spinner ist, und auch wenn die Vorstellung eines nuklear bewaffneten Irans nicht sehr erbaulich ist, sind diese Sanktionsmassnahmen eine Fortschreibung einer völlig verfehlten Nahostpolitik der USA. Weshalb?

Zum einen führen die Sanktionen von aussen dazu, dass die aktuelle Machtelite im Land gestärkt wird, da äussere Bedrohungen traditionell zu einem Schulterschluss führen. Dies bedeutet, dass die vorhandenen gemässigten Kräfte, von denen es zahlreiche gibt, wie die Demonstrationen im Frühling gezeigt haben, weiter geschwächt werden. Zum anderen muss das Iran-Problem in einem grösseren Zusammenhang gesehen werden.
Die Aufrüstungsbestrebungen des Irans sind wohl nicht primär gegen den Westen gerichtet. Vielmehr sind sie Ausfluss eines seit der iranischen Revolution 1979 andauernden Machtkampfes zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien um die politische und religiöse Vorherrschaft im Nahen Osten und der muslimischen Welt. Auf der anderen Seite des Konflikts steht Saudi-Arabien, das von den USA in erster Linie aus militär- und wirtschaftsstrategischen Gründen seit Jahrzehten gedeckt ist. Diese Unterstützung für das saudische Königshaus ist bei Lichte betrachtet jedoch - ähnlich wie der Support für Israel - aus amerikanischer Sicht völlig widersinnig. Dies aus mehreren Aspekten:
  1. Der saudische sunnitische Islam ist durch die extrem konservative Variante des Wahhabismus geprägt. Wenn es nun ein Land auf der Welt gibt, dass mithilft, diesen konservativen, extremen Islam weltweit zu verbreiten, dann ist es Saudi-Arabien. Wenn irgendwo auf der Welt eine grössere Moschee gebaut wird, dann kann man praktisch sicher davon ausgehen, dass das Geld - und später die Prediger - dafür aus Saudi-Arabien stammen. Die Wahhabis versuchen so Einfluss zu nehmen auf die lokalen Ausrichtungen des Islam. So geschehen z.B. in Bosnien. Die grösste Moschee Sarajevos ist die "König Faisal" Moschee. Die gemässigten bosnischen Muslime beklagen sich zunehmend über den Druck, der auf sie ausgeübt wird, da sie in den Augen der Wahhabis nicht als richtige Muslime gelten. Saudi-Arabien ist der grösste Finanzierer des globalen Islamismus.
  2. Nebst der Tatsache, dass Osama bin Laden Saudi ist, ist auch das Fakt nicht ganz uninteressant, dass 15 von 19 Attentäter des 9/11 saudischer Herkunft waren.
  3. Wohlhabende saudische Familien - auch Zweige des Herrscherhauses - und Stiftungen gehören zu den Hauptfinanciers von Al Qaida.

Die Unterstützung Saudi-Arabiens unterläuft die amerikanischen Sicherheitsbemühugen folglich auf der ganzen Länge. Allein schon auf diesem Hintergrund würde es sinnvoll erscheinen, wenn die USA allenfalls ihre Strategie in der Region anpassen und sich dem Iran annähren würden. Dies hätte jedoch weitere Vorteile. Der iranische Einfluss im Irak ist immens. Ein besseres Auskommen mit dem Iran würde auch die Lage im Irak beruhigen, was nur zum Vorteil der USA sein kann. Das teheraner Regime unterstützt zwar auch Terrorgruppen wie die Hizbollah, allerdings muss dabei berücksichtig werden, dass die Iraner Schiiten sind. Schiiten machen weltweit ca. 15% der weltweiten Muslime aus. Die Reichweite ist deshalb stark begrenzt. Drittens gilt der schiitische Islam - auch wenn man es mit Blick auf den Iran kaum glauben mag - als eher der fortschrittlichere Islam, sicher fortschrittlicher als die Wahhabi in Saudi-Arabien. Der französische Soziologe Emmanuel Todd beschreibt dies in einem NZZ-Interview wie folgt:

NZZ: Ist Iran denn nicht Lichtjahre von einer Demokratie entfernt?
Todd: Passen Sie auf, dass Sie nicht den falschen, westlichen Einschätzungen auf den Leim gehen! Iran hat wie England und Frankreich eine echte Revolution hinter sich. Ahmadinejads Appellen an die Gebärfreude zum Trotz, haben die Iranerinnen im Schnitt nur noch zwei Kinder, und an den iranischen Universitäten studieren mehr Frauen als Männer. Die iranische Gesellschaft ist weit pluralistischer als ihr Ruf. Kulturell ist sie mitgeprägt vom schiitischen Glauben, der, wie der Protestantismus in Europa, abweichende Interpretationen und die Auflehnung gegen starre Dogmen als positive Werte postuliert.

Zieht man alle diese Dinge in Betracht, so kommt man zum Schluss, dass es an der Zeit wäre, dass die USA das Trauma der iranischen Revolution und die Demütigung nach der Besetzung der amerikanischen Botschaft in Teheran überwinden und eine langsame Neuausrichtung ihrer Nahostpolitik vornehmen.

Quelle Film: SF DRS (Rundschau)

Dienstag, 15. Dezember 2009

Die Wunder des modernen Recycling

Bergbahnen in der Schweiz haben es ja zunehmend schwer. Der Klimawandel lässt den Schnee spärlicher fallen und rascher schmelzen, Touristen meiden die bankundenverratende, minarettverbietende und grundsätzlich einfach teure Schweiz. Und auch manch ein Schweizer hat sich wohl beim Bezahlen eines Fahrscheins für eine Bergbahn schon gedadcht, dass er eigentlich nur einmal hoch- und runterfahren und nicht gleich den ganzen Berg kaufen wollte.


Doch nun wurde der eigentliche Grund für die Bahn-Misere entdeckt. So offenbart eine Hinweistafel auf dem Kronberg (AI) ganz deutlich das völlig verfehlte Geschäftsmodel einiger Seilbahnen.
Ich meine, es ist ja kein Wunder, dass man kein Geld verdient, wenn man jeden Tag seinen Gastbetrieb mit einer Leitung ins Tal entsorgt! Auf der anderen Seite spart man sich damit natürlich auch das Reinigungspersonal. Das ist so wie mit den Papiertischdecken. Die kann man auch einfach nach dem Essen zusammenknüllen und in den Abfall - oder eben wahlweise in die Leitung - werfen.
Wie auch immer, es ist ja schon ziemlich krass, dass jeden Tag ein neuer Gastbetrieb aufgebaut (aufgeblasen? aufgefaltet?) werden muss. Auf der andern Seite bin ich wirklich tief beeindruckt vom Fortschritt, den die heutige Fertighaus-Bauweise gemacht hat. Wirklich genial: am morgen kurz vor Geschäftsöffnung kurz aufgebaut und am Abend ohne Reinigungsaufwand wieder mit der Leitung ins Tal entsorgt. Und das Beste: diese Fertig-Gasthäuser sind zu 100% biologisch abbaubar und werden aus schonend behandelten Recyclingmaterialien hergestellt! Super, finde ich!
Ich sehe da ein immenses Entwicklungspotential: endlich könnten Olympische Spiele nachhaltig durchgeführt werden, dank recyclebarer Einweg-Sportstätten. Eigenheimbesitzer könnten nach dem Motto "Öfter mal was Neues!" leben und sich alle paar Monate ein neues Haus leisten. Das alte wäre dann bequem und problemlos durch das WC zu entsorgen. (Nie mehr Frühlingsputz!) [Auf den Kalauer mit dem Einweg-Minarett verzichte ich jetzt hier, wäre aber auch eine Lösung.]
Bleibt nur die Frage, ob das nicht irgendwann zu verstopften Leitungen und Problemen in der Abwasserreinigungsanlage führt.

Montag, 14. Dezember 2009

Neues vom Brunner’s Toni und C.B. aus H.

Irgendwie kann man den Brunner’s Toni ja verstehen. Völlig euphorisiert von einem der wenigen Erfolge in einer Volksabstimmung der letzen Jahre, sprudeln die Ideen jetzt nur so aus ihm heraus. Und da er und seine tapferen Streiter gegen die böse, böse „classe politique“, die Volksentscheide einfach nicht akzeptieren will, so richtig in Fahrt kommen, führt das dann halt dazu, dass das „Volk“ nun zum goldenen Kalb gemacht wird, um das man johlend und jauchzend herumtanzen kann.
So soll das Volk nämlich künftig über alles abstimmen, auch über die Abschaffung von zwingendem Völkerrecht. Zu diesem Recht gehören so unbedeutende Dinge wie Folterverbot oder die Ächtung von Völkermord, Lapalien also. Das „Volk“ wisse dann schon, was richtig sei, ist es doch klug und weise. Hier drängen sich doch ein paar Fragen auf.

1. Zu den Kämpfern gegen die – nota bene vom Volk gewählte – „classe politique“ gehört auch der einfach Bürger C.B. aus F. Zufällig etwa 1000 Jahre lang Nationalrat, abgewählter Bundesrat, mehrfacher Milliardär, „Besitzer“ einer eigenen „Schattenpartei“ (AUNS) und selbsternannter Professor. Wenn das denn nicht „classe politique“ ist, was dann? Dazu gehören auch C.M. aus Uerikon, der gerne gegen die Staatsangestellten und Akademiker wettert. Zufällig ist dieser C.M. aus Uerikon vom Staat bezahlter Universitätsprofessor. Schiesst sich da jeweils jemand selber ins Bein und spürt nicht einmal die Schmerzen?

2. Die wackeren Eidgenossen nehmen offensichtlich nicht zur Kenntnis, dass die Anerkennung dieser grundlegenden Werte in Art. 5 der Bundesverfassung festgelegt ist. Diese wurde bekanntlich auch mit einem Volksentscheid angenommen, so wie der Beitritt zur UNO, den man bisweilen gerne rückgängig machen möchte. So viel zum Thema „Achtung von Volksentscheiden“.

3. Die Annahme, dass das Volk sich selber kein Schranken zu setzen braucht, weil es stets rational handelt, ist wieder einmal Beleg dafür, dass die Schulbildung des Brunner’s Toni leider nach kürzester Zeit einen abrupten Abbruch fand. Auf jeden Fall scheint er von der Lektüre Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ oder an Ibsens „Der Volksfeind“ gänzlich unberührt geblieben zu sein, sonst hätte er nämlich begriffen, dass es auch in einer direkten Demokratie „checks and balances“ braucht, die sich das Volk übrigens selber gesetzt hat. Aber Tonili könnte ja bei seiner Freundin fragen, ob sie für ihn einen Fortbildungskurs organisiert. Schliesslich arbeitet sie als Generalsekretärin des SVP-geführten Bildungsdepartements des Kantons St.Gallen. Ein Schelm der da Böses über die „Gegen-den-politischen-Filz“-Kämpfer hegt.

3. Wenn das „Volk“ stets so rational, kühl und wohlüberlegt entscheidet, dann drängt sich doch zwangsläufig die Frage auf, weshalb dann die SVP stets mit Plakaten operiert, die völlig auf Emotionen abzielen. Diese würden dann ja gar keine Wirkung erzielen und wären völlig sinn- und wertlos. Was für eine Geldverschwendung von der Partei der Sparer!

4. Grundsätzlich ist das ja zu begrüssen, dass wir endlich über alles abstimmen dürfen und sollen. Ich bin mal gespannt, wie die SVP reagiert, wenn plötzlich jemand auf die Idee kommen würde, eine Initiative zu lancieren, die die Abschaffung der SVP fordern würde. Wäre doch mal eine Idee. Und man rechne: 30% Wähleranteil = 70% möglicher Befürworter des SVP-Verbots. Hmm, könnte ungemütlich werden. Und dann könnten wir ja schon dabei sind, dann könnten wir sogleich noch den Klimawandel verbieten, den Import ausländischen Rindfleisches in die Schweiz, die Schweine-Grippe und den Osterhasen.

Ein Golfer sollte eigentlich wissen, wo er einputet.

In der letzten Woche zeigte Tiger (Schniedel-)Woods eindrücklich auf, dass ein schwedisches Bikini-Model zu Frau nicht reicht, wenn man halt so gerne einputet. Dumm nur, wenn die Frau dahinterkommt, dass der eigene Mann nicht wirklich „whole in one“, sondern „whole in many“ spielt und einen mit den eigenen Schlägern verprügeln will.
Aber genug der Schlüpfrigkeiten, denn eine spannende Frage ist noch ungeklärt. Für die Firma Gillette wird es nämlich langsam eng. Nicht nur, dass ihr die Schweizer Grossverteiler um Migros den Preiskampf ankündigen, sondern ihre Werbeträger werden zunehmend schwierig. Das Unheil begann bekanntlich mit Thierry Henry, der im Spiel gegen Irland kurzerhand die Sportart wechselte und den Ball gekonnt mit der linken Hand auf den Kopf des Spielkameraden beförderte. Gillette, der Empörung gewahr, reagiert folgerichtig und retouchierte das Bild der drei Superstars so, dass Henrys linke Hand – das Corpus delicti - plötzlich verschwunden war. Sie steckt jetzt in der Hosentasche, buchstäblich abrasiert.


Wenn nun die Firma Gillette nach dem Woods-Skandal in der gleichen Weise reagiert, um das Image zu retten, wie wird das Bild von Tiger Woods dann wohl nachher aussehen….? Fragen über Fragen. Wenn das so weitergeht, dann wird aus dem „Gruppenbild mit Stars als Werbeträger“ noch ein „Portraitphoto mit Tennisschläger.“

Minarett-Verbot als Geschäftsidee

Da ist es nun also, das Minarett-Verbot. Während die eine Hälfte der Bevölkerung jubelt und in ein „Denen haben wir’s aber gezeigt“-Hoch verfällt, setzt die andere, internationale, zum grossen Schweiz-Bashing an. Sogar der Muster-Rechtsstaat Libyen lässt es sich nicht nehmen, die Schweiz als Unrechtsregime zu betiteln, dessen Ignoranz und Banken eigentliche Massenvernichtungswaffen darstellen. Die Diskussionen kochen hoch und manch einer denkt sich, dass wenn man vorher so viel diskutiert hätte, wie man jetzt nachher diskutiert, dann hätte man nachher vielleicht nicht so viel zu diskutieren gehabt.


Was schleierhaft bleibt, ist der Umstand, dass noch niemand das Minarett-Verbot als Geschäftschance gesehen hat. Also mir persönlich ist da eine brillante Geschäftsidee gekommen. Jetzt, wo man ja keine fixen Minarette mehr bauen darf, öffnet sich doch ein enormes Marktpotential für die Vermietung von Minaretten. „Rent a Minarett!“ heisst das Zauberwort. Ist so einfach wie genial. Jeden Freitag fährt da ein Minarett – wahlweise im SVP-Kassam-Raketen oder im traditionallen spät-maurischen Stil – vor die Moschee vor, stellt das Minarett für die Dauer des Freitagsgebetes auf und nimmt es dann wieder mit.

Manch einer fragt sich jetzt, wie das denn logistisch funktionieren soll. Auch diese Problem habe ich bereits durchdacht. Mach einer erinnert sich bestimmt an diese mobilen Abschussrampen für Interkontinental-Raketen, die die Sowjets im Kalten Krieg hatten. Wir könnten doch einfach ein paar solcher Lastwagen kaufen und statt einer Atomrakete ein mobiles Minarett drauf bauen. Wäre doch genial: hinfahren, abladen, beten, aufladen, wegfahren! Und da die russische Armee so oder so notorisch Geldprobleme hat und korrupt ist, wird es wohl nicht so schwer sein, ein paar solcher Gefährte zu erwerben.

OK, ich gebe zu, dass dies dann den SVP-Plakatzeichnern schon etwas in die Hände spielen würde. Aber auf der anderen Seite tun sich noch andere Optionen auf. Zum einen könnte man die Rakete, die ja dann voll lästig wäre, abrüsten, so dass die Welt etwas sicherer würde. Zum anderen könnte man sie ja auch einfach behalten und irgendwo im Gotthard lagern. Somit würde die Schweiz endlich zu echten Massenvernichtungswaffen kommen und es bliebe dann abzuwarten, ob Ghadhafi dann immer noch die Aufteilung der Schweiz fordern würde….

Journalistisches Sprach(miss)verständnis

Am 17. November 2009 bewies David Toracosso von der Zeitung 20minuten, dass Sprache eben doch mehr ist als die simple Aneinanderreihung von Wörtern unter Einhaltung gewisser Regeln. Zugegeben, es ist heutzutage schon eine grosse Leistung, diese Regeln nach der Reform der Reform der Rechtschreibreform zu beherrschen und man muss den Hut ziehen vor all denen, die das auf die Reihe gekriegt haben, aber, und das ist der Punkt: Wörter erhalten je nach Zusammenhang auch ganz andere, zusätzliche Bedeutung. So dünkt die untenstehende Schlagzeile doch sehr gewagt: „Gay-Bordell: Angst vor Lärm und Verkehr.“ Nochmals langsam: „Gay-Bordell: Angst vor Lärm und Verkehr.“
Es stellen sich in diesem Zusammenhang mehrere Fragen:

a) es ist leicht einsehbar, dass ein (Gay-)Bordell Verkehr mit sich bringt. Wovon sollen die armen Leutchen denn leben, wenn es dort keinen Verkehr gibt? Und wer würde dort überhaupt hingehen?
b) Bringt der Verkehr in einem Gay-Bordell mehr Lärm mit sich als in einem normalen Bordell? (Sorry, ich bin da zu wenig bewandert, um hier abschliessend Auskunft geben zu können.)
c) Haben Besucher eines Gay-Bordells einen narzisstischen Hang zur Selbstdarstellung, dass damit Gerechnet wird, dass die dort gleich im Auto-Corso und aufgedrehter Stereo-Anlage vorfahren? Grundsätzlich kann man wohl davon ausgehen, dass Besucher eines Bordells dies sehr diskret tun, man will ja schliesslich nicht vom Nachbarn gesehen werden.
Kurz und gut: es wird offensichtlich, dass zumindest das Wort „Verkehr“ im Zusammenhang mit einem Bordell sehr unglücklich gewählt ist. Wie wär’s denn einfach mit „Autos“?