Montag, 28. Dezember 2009

Über die Herkunft von Attentätern

Nach dem gescheiterten Attentats-Versuch auf ein Zivilflugzeug in den USA überbieten sich viele Medienerzeugnisse in ihrem Erstaunen über die Herkunft des mutmasslichen Attentäters. Mit viel Aufwand versuchen sie ihren Hörern und Lesern Glauben zu machen, wie ungewöhnlich der Hintergrund als Sohn eines nigerianischen Diplomaten aus den höchsten Kreisen seines Landes sei. Doch dies ist nicht ganz richtig.


Zuerst gilt es zwei Dinge festzuahlten. Erstens, grossangelgte Untersuchungen von "Täterprofilen" haben ergeben, dass es "den Attentäter" nicht gibt. Je nach Weltgegend spielen so viele verschiedene Faktoren hinein, dass sich kein klares Profil ableiten lässt. Zweitens, auch wenn der Hintergrund nicht ganz alltäglich ist, so passen doch viele bisher bekannte Aspekte zu den Attentätern, die ihre Anschläge auf Ziele im Westen verübt haben, so die Anschläge vom 9/11 in New York und 7/7 in London.


  • Ausbildung: Der gescheiterte Attentäter studierte Ingenieurwissenschaften. Dieser naturwissenschaftliche Hintergrund ist äusserst typisch für islamistische Attentäter. So studierte auch Mohammed Atta, der Kopf der 9/11-Gruppe Ingenieurwissenschaften, ebenso Marwan al Shehhi und Ziad Jarrah. Osama bin Laden ist Ingenieur und Aiman az-Zawāhirī, die verutete Nr. 2 der Kaida ist Mediziner. Khalid Sheik Mohammed studierte an der Carolina Agricultural and Technical State University in Greensboro.

  • Studium im Ausland: Auch das Studium im Ausland - hier in London - passt. Oftmals ist es der Wunsch des Vaters, dass der Sohn im Ausland studiert. Dies führt allerdings oftmals zu einem Kulturschock, der - verkürzt gesagt - die Leute, die auf der Suche nach einer emotionalen Heimat in der Fremde sind, empfänglich macht für extremistische Ideen.

  • Herkunft: Der jüngste Flugzeug-Bomber stammt aus der obersten sozialen Schicht seiner Heimat Nigeria. Dies ist für Attentäter auf westliche Ziele - im Unterschied zu Attentätern im arabischen Raum - nicht ungewöhnlich. So stammte auch Mohammed Atta aus dem Bürgertum, sein Vater war Anwalt. Und es ist gemeinhin bekannt, dass Osama bin Laden aus einer superreichen saudischen Familien stammt. Dies trifft - entgegen der Aussagen des DRS-England Korrespondenten - auf auf Mitglieder der 7/7-Zelle in London zu. Sie alle stammten aus wohlgeordneten Mittelklasse Verhältnissen. Mohammed Sidique Khan, der Anführer der Gruppe, arbeitete als Lernberater an einer Grundschule, nachdem er in Soziologie an der Leeds Metropolitan University studiert hatte. Er heiratete Hasina Patel. Es war eine Liebesheirat, keine Zwangsehe. Seine Schwiegermutter, Farida Patel, setzte sich stark für die Integration von Immigranten ein und war die erste asiatische - pakistanische - Frau, die aufgrund ihrer Verdienste für die Allgemeinheit von der Queen in den Buckingham Palast eingeladen worden war.

Der glücklicherweise gescheiterte Attentäter passt also sehr wohl ins Muster von Attentätern auf westliche Ziele. Die höhere Ausbildung etc. sind wohl notwendig, um die Anschläge überhaupt planen und ausführen zu können, da diese doch eines weit grösseren Know-Hows bedürfen als ein Autobomben-Anschlag in Badgad.


Es gehört auch gerade zu den verstörenden Aspekten dieser Form von islamistischem Terror, dass es eben Personen sind, die nicht aus lauter Perspektivlosigkeit handeln, sondern die aus sozialen Schichten stammen, die ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben führen können oder die sogar alles haben. Es ist deshalb wichtig, sich mit dem Hintergrund dieser Leute speziell zu beschäftigen, damit überhaupt klar ist, nach "wem" man suchen, wie man die Ermittlungsarbeiten von Polizei und Geheimdiensten ausrichten soll.

Bildquelle: NZZ.ch

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