Donnerstag, 4. Februar 2010

Deutscher Datenkauf - schlecht, aber nicht das Hauptübel

Es ist kaum zu bezweifeln, dass der Kauf offensichtlich illegal erworbener Daten von Privatpersonen durch einen Rechtsstaat womöglich eine Pandorabüchse öffnet, die sich nicht mehr schliessen lässt. Natürlich kann man eine Regierung irgendwie, die gerade ein 100 Mia. EURO Defizit beschliessen musste, u.a. deshalb, weil sie das Chaos, das der Finanzsektor angerichtet hat, auzubaden hat.
Nichtsdestotrotz fragt sich, wie es denn weitergehen soll. Ist künftig Industrispionage legal? Darf ein Staat seine Gesetze biegen, wenn es die Staatsräson gerade gebietet? Wenn sich der Bürger nicht mehr darauf verlassen kann, dass der Staat seine eigenen Gesetze einhält, dann läuft man Gefahr, sich auf das Niveau von Despoten-Staaten zu begeben.

Den bisher vernünftigsten Kommentar kann man - auch wenn es schwer zu glauben ist - in der deutschen Boulvardzeitung "Bild" nachlesen: http://www.bild.de/BILD/news/standards/kommentar/2010/02/03/kommentar-mathias-doepfner/der-staat-darf-recht-nicht-brechen.html

"Der Staat, der den Rechtsrahmen setzt, darf ihn nicht brechen. Auch nicht für ein richtiges Ziel (und das Ziel ist richtig, Steuerbetrug gehört hart bestraft).
Daten-Diebstahl ist aber auch ein Delikt, das normalerweise empfindlich bestraft wird. Stattdessen gibt es jetzt wieder Millionen zur Belohnung. Da werden viele sagen, bei einer Bank Daten klauen ist lukrativer als bei einer Bank am Schalter arbeiten. Und dass die Absicht der Regierung gut ist, rechtfertigt gar nichts. Gute Absichten gibt es genug. Demnächst Untreue für die Umwelt, Klauen für das Klima? Wo ist die Grenze?
Der Staat ist zu besonderer Vorbildfunktion und Vorsicht verpflichtet im Umgang mit den eigenen Gesetzen. Was die Regierung derzeit macht, wirkt so, als wenn Eltern ihren Kindern Drogen verbieten und selbst jeden Abend einen Joint rauchen.
Ein deutsches Gericht hat – im Fall von Metzler – sogar einen Polizeibeamten schuldig gesprochen, der einen Entführer unter Druck setzte, um das Leben eines Kindes zu retten. Heißt das, der Staat darf Recht brechen, um an Steuergeld zu kommen, aber nicht, um Leben zu schützen?"


Persönlich bin ich ja überzeugt, dass es diese CD gar nicht gibt, sondern dass es ein Bluff-Manöver der deutschen Regierung ist, um möglichst viele Steuerbetrüger zur Selbstanzeige zu bewegen. Falls ja, lachen sich die Deutschen bald halbtot über die Panikreaktion der Schweiz.

Wie dem auch sei: die ganze Diskussion, die derzeit geführt wird, v.a. in der Schweiz, zielt an den wahren Problemen vorbei. Der echte Skandal ist nämlich weniger der "Datenklau" an sich, sondern das Verhalten einiger Schweizer Banken, die das Schweizer Recht, das nunmal eine Unterscheidung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung vorsieht - auch wenn sie nicht wirklich plausibel ist - dazu genutzt haben, ausländische Staatsbürger aktiv dazu zu motivieren, ihren eigenen Staat zu betrügen. Klar, die hohen Steuern in Deutschland sind für das Übel mitverantwortlich. Doch dies rechtfertigt noch lange nicht die unglaubliche Unverfrohrenheit, mit der Fluchtkonstrukte über Panama, Liechtenstein und Schweizer Bankhäuser ausgedacht wurden, mit dem einzigen Zweck, Geld vor den Steuerbehörden zu verstecken. Es ging nicht um Investitionen oder Anlagen, es ging einzig und alleine um die Steuerflucht. Dieses Verhalten ist der wahre Skandal. Welcher Staat würde darob nicht in Zorn geraten? Die Schweiz sicherlich auch!

Zudem läuft es einem einmal mehr kalt den Rücken hinunter, wenn man die Reaktion des Schweizer Bundesrates sieht. Selbstverständlich sind die Ideen von rechtsbürgerlichen Kreisen, jetzt den grossen Handelskriegs auszurufen, schwachsinnig. Aber offensichtlich hat der Bundesrat erneut absolut keinen Plan, wie er auf diese Sitation reagieren soll. Dabei hätte eine weitsichtige Behörde spätestens nach dem Datendiebstahl im Liechtenstein vorausdenken und eine Plan ausarbeiten sollen, wie man in einen ähnlichen Fall selber reagieren würde.

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